Auktion: 530 / Evening Sale / Sammlung Hermann Gerlinger am 10.06.2022 in München Lot 24

 

24
Erich Heckel
Weiße Pferde, 1912.
Farbholzschnitt
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inklusive Aufgeld)
Weiße Pferde. 1912.
Farbholzschnitt.
Ebner/Gabelmann 531 H b III (von b III). Dube H 242. Signiert und datiert. Auf Bütten von Zanders (mit Wasserzeichen). 30,8 x 32,5 cm (12,1 x 12,7 in). Blattgröße: 47,2 x 60 cm (18,5 x 23,7 in).
Dube gibt den Hinweis auf eine unnummerierte Auflage von ca. 80 Exemplaren für den Verlag I. B. Neumann, Berlin, sowie zusätzliche Abzüge außerhalb der Auflage. Das Werkverzeichnis von Renate Ebner und Andreas Gabelmann verweist darauf, dass es sich bislang bei allen bekannten Abzügen um Handdrucke mit unterscheidbaren Merkmalen bezüglich Druckbild, Einfärbung oder Papier handelt.

• Jeder Holzschnitt ist durch die monotypieartige Einfärbung ein Einzelstück.
• Einer der berühmtesten von Erich Heckel geschaffenen Farbholzschnitte.
• Weitere Exemplare befinden sich im Sprengel Museum, Hannover, dem Kupferstichkabinett Berlin, Musuem Folkwang, Essen und dem St. Louis Art Museum, USA
.

Wir danken Frau Renate Ebner und Herrn Hans Geissler, Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen am Bodensee, für die freundliche Beratung.

PROVENIENZ:
Privatsammlung Großbritannien (bis 1979: Wolfgang Ketterer, 26.-28.11.1979).
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032).

AUSSTELLUNG:
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Im Rhythmus der Natur: Landschaftsmalerei der "Brücke". Meisterwerke der Sammlung Hermann Gerlinger, Städtische Galerie, Ravensburg, 28.10.2006-28.1.2007, S. 100 (m. Farbabb.).
Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 96 (m. Farbabb.).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).

LITERATUR:
Galerie Wolfgang Ketterer, München, Auktion 36, 26.-28.11.1979, Los 720.
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 198, SHG-Nr. 245 (m. Abb.)
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 192, SHG-Nr. 431 (m. Abb.)
Tier und Natur als Stimmungsträger.
Katja Schneider (Hrsg.), Moderne und Gegenwart. Das Kunstmuseum in Halle, München 2008, S. 123 (m. Farbabb.).
Indina Woesthoff, "..die Schwere unseres Weges kann wohl Freunde gebrauchen" - Erich Heckel und Gustav Schiefler, in: Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Gemeinsames Ziel und eigene Wege. Die "Brücke" und ihr Nachwirken, München 2009, S. 64 (Abb. 7).

"[..] die Formung der Gegenstände, die Aufteilung des Raumes mit seinen ungleichen Rändern und die helllichten Farben machen es zu einem der zugleich liebenswürdigsten und monumentalen Blätter der modernen Kunst; es weht eine Luft neuer Klassizität in ihm."

Gustav Schiefler, Erich Heckels graphisches Werk, in: Das Kunstblatt, 2. Jg. Berlin 1918, S. 286.

Der Farbholzschnitt "Weiße Pferde" zählt zu den herausragenden Hauptwerken im druckgrafischen Schaffen von Erich Heckel und zu den Glanzstücken des deutschen Expressionismus. Das reizvolle Motiv der pferdeführenden Männer in stürmischer Landschaft entstand im Zusammenhang mit dem Sommeraufenthalt auf den Inseln Hiddensee und Fehmarn 1912.

Heckels expressive Bildsprache betont die elementaren Kräfte der Natur im spannungsvollen Zusammenspiel mit dem Einklang von Mensch und Tier. Dem herben Charakter der von Wind und Wetter geprägten Insellandschaft spürt er durch kantig reduzierte und flächig vereinfachte Formen nach. Der Farbkontrast von Grün und Blau im Zusammenwirken mit dem leuchtenden Weiß der Pferde und den dunklen Silhouetten der Bäume und Figuren steigert den vitalen Ausdruck der Bildschöpfung.

In Heckels Druckgrafik der "Brücke"-Jahre, in der der Holzschnitt dominiert, behauptet das Blatt eine gewisse Sonderstellung, zeigt es doch weniger eine aus der unmittelbaren Beobachtung rasch erfasste Szene, sondern vielmehr einen stärker kompositorisch entwickelten Bildaufbau, bei dem sich das Sujet zu einer zeitlosen Darstellung der ursprünglichen Einheit von Mensch und Natur verdichtet. Bei diesem Druck von zwei Stöcken unterscheiden sich durch die monotypieartige Einfärbung des Farbstockes sämtliche Abzüge voneinander und besitzen Unikat-Charakter. Die unregelmäßigen Umrisse des Druckstockes sind typisch für Heckels Holzschnitte der Jahre 1912/13. Mit sicherem Gespür für die Wirksamkeit fügt er das Sujet in die besondere Umrissform ein und erzielt damit eine zusätzliche Dynamik und Rhythmik in der Bildaussage.

Heckels Grafiksammler Gustav Schiefler lobte bei diesem Werk, das zu seiner Sammlung gehörte, die "Kraft seines Raumgefühls" sowie "seine Herrschaft über die Fläche" und resümierte: "[..] die Formung der Gegenstände, die Aufteilung des Raumes mit seinen ungleichen Rändern und die helllichten Farben machen es zu einem der zugleich liebenswürdigsten und monumentalen Blätter der modernen Kunst; es weht eine Luft neuer Klassizität in ihm" (zit. nach: Gustav Schiefler, Erich Heckels graphisches Werk, in: Das Kunstblatt, 2. Jg. Berlin 1918, S. 286).

Andreas Gabelmann, Mitverfasser des Werkverzeichnisses der Druckgrafik Erich Heckels



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Erich Heckel
Weiße Pferde, 1912.
Farbholzschnitt
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inklusive Aufgeld)