Auktion: 520 / Evening Sale am 18.06.2021 in München Lot 357

 

357
Joseph Beuys
Wo ist Element 3?, 1984.
Installation. Stromzähler, Sicherungen, Schalte...
Schätzung:
€ 600.000
Ergebnis:
€ 745.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Wo ist Element 3?. 1984.
Installation. Stromzähler, Sicherungen, Schalter, Pflaster, Holz, Marmor, Stahl und Bleistiftzeichnung auf Karton, in Eisengestellrahmen.
Links unten auf der Holzplatte signiert und datiert. Unikat. 210,5 x 110,2 x 45 cm (82,8 x 43,3 x 17,7 in).

• "Wo ist Element 3?" ist wie das berühmte Werk "Honigpumpe" (heute Lousiana Museum in Humlebæk /DK) auf der documenta 6 eine der "sozialen Plastiken" von Joseph Beuys.
• Eine Schalttafel als Sinnbild für Wärme-, Licht- und Energiespender, als metaphysische Erklärung einer innen liegenden Bedeutung.
• Element 3 steht für eine Möglichkeit des Denkens, die mithilfe des erweiterten Kunstbegriffs in die Kultur des 20. Jahrhunderts eingeführt werden soll.
• Beuys liefert das Kraftfeld, das die Moderne versorgt.
• In "Wo ist Element 3?" wird die Aktion "Manresa" in der Galerie Schmela (1966) fortgeführt
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Deutschland.

AUSSTELLUNG: Nationalgalerie Berlin (als Leihgabe 1984 bis 1988).
Joseph Beuys: Skulpturen und Objekte, Gropius-Bau Berlin, 20.2.-1.5.1988, Kat.-Nr. 85 (Farbabb. S. 229).
Joseph Beuys: Natur, Materie, Form, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 30.11.1991-9.2.1992, Kat.-Nr. 486 (Abb. S. 338).
Joseph Beuys: Wo ist Element 3?, Ketterer Kunst, Berlin, 26.3.-22.5.2021.

"Beharrlich hat Beuys mit Werkstoffen und Elementen gearbeitet, in denen Energiepotenziale und Polaritäten sichtbar werden, in denen Funktionen anziehender und ableitender elektrischer Ladungen Ausdruck finden"
Heiner Bastian, Joseph Beuys im Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg, 1987, S. 22.

Bei diesem Objekt handelt es sich offenbar um einen Schaltschrank aus einer Werkstatt, deren Stromzufuhr in besonderer Weise abgesichert werden musste. Allein die wie zufällig, scheinbar von einem Elektriker angehängte, auf Pappe geschriebene Frage „Wo ist Element 3?“ signalisiert den Zusammenhang, den Beuys wohl angesichts dieser elektrischen Funktionsapparatur assoziierte. Es handelt sich um einen entscheidenden Satz aus der Partitur der Aktion „Manresa“, die Beuys 1966 anlässlich der Schließung des Galerieraums von Alfred Schmela in der Hunsrückenstraße in Düsseldorf als Hommage an Schmela aufführt. Der Satz tönt über Lautsprecher auch auf die Straße hinaus. Zunächst stellt sich natürlich die Frage nach Element 1 und 2. Element 1 war ein halbiertes Filzkreuz mit einem Kupferstab und Element 2 war eine Kiste – und hier zeigt sich der unmittelbare Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit –, die mit elektrischen Apparaturen gefüllt war: „Der Hochspannungs-Hochfrequenz-Generator bestand aus einer Anreihung verschiedener Einzelapparate, mit denen aus einem Niederspannungs-Gleichstrom ein Hochspannungs-Wechselstrom erzeugt werden kann. Die in Manresa benutzte Apparatur hatte fünf Einzelteile: eine 12-Volt-Lastwagenbatterie, einen Hochspannungstransformator, drei Leidener Flaschen, eine Funkenstrecke zur Spannungsbegrenzung und einen Tesla-Transformator. Die integrierte Anlage hatte den Zweck, den 12-Volt-Gleichstrom in etwa 50000-Volt-Wechselstrom zu transformieren.“ (zit. nach: Friedhelm Mennekes, Joseph Beuys Christus denken Thinking Christ, Stuttgart 1996, S. 110). Element 1 zeigt im halbierten Kreuz das amputierte Verhältnis zur Metaphysik und Element 2 physikalische Instrumente aus dem Labor der Naturwissenschaften. Element 3 fordert ein komplementäres Denken, das die übersinnliche Welt miteinbeziehen soll. Die Aktion hat also einen physikalischen, einen elektrischen und einen spirituellen Hintergrund. Element 3 ist nirgends materialisiert, sondern ertönt regelmäßig als Frage in den Raum. Dadurch, dass Element 1 und 2 materiell fixiert ist, wird Element 3 zu etwas noch nicht Vorhandenem, zu etwas Zukünftigem. Auch 1984, als Beuys den Schaltschrank mit dieser Frage in Verbindung bringt, scheint sie noch nicht beantwortet. In der Vitrine mit dem Titel „Lagerplatz“ von 1962/63 im Städtischen Museum Abteiberg, Mönchengladbach, liegen die zwei mit "ELEMENT 1" und "ELEMENT 2" bedruckten Pappschilder aus der Aktion. Auf dem Pappschild vor dem Schaltschrank ist eine Zeichnung der vier Stromzähler und zwei Flächen zu erkennen. In die eine Fläche ist das Wort Filz eingeschrieben, die zweite deutet eine Kupferplatte an.
Es besteht kein Zweifel, dass von Beuys mit Element 3 eine ganzheitliche, noch nicht erreichte Möglichkeit des Denkens gemeint ist, die er mithilfe seines erweiterten Kunstbegriffs in die Kultur des 20. Jahrhunderts einführen will. Das Element 3 ist die wirksame spirituelle Kraft, die bei der Verwandlung des Kriegers und späteren Begründers des Jesuitenordens Ignatius von Loyola eine Veränderung des Bewusstseins, eine Initiation hervorgerufen hat. Insofern wird dieses Schaltschrank-Objekt zum Zeichen einer Wandlung. [Eugen Blume]



357
Joseph Beuys
Wo ist Element 3?, 1984.
Installation. Stromzähler, Sicherungen, Schalte...
Schätzung:
€ 600.000
Ergebnis:
€ 745.000

(inkl. Käuferaufgeld)