Auktion: 513 / Kunst nach 1945 / Zeitgenössische Kunst II am 11.12.2020 in München Lot 98

 

98
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
Die Wurzeln des Kalten Krieges, 1980.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 57.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Die Wurzeln des Kalten Krieges. 1980.
Öl auf Leinwand.
Auf dem Keilrahmen handschriftlich betitelt. 70 x 100 cm (27,5 x 39,3 in). [SM].

• "Die Wurzeln des Kalten Krieges" malt A. R. Penck in dem Jahr, in dem er aus dem Ostblock kommend in den Westen wechselt.
• Heftiger Pinselduktus geht einher mit der drängenden Bewegung der Formen von links nach rechts, expressiv und visuell eindrucksvoll in Szene gesetzt.
• Die Spannungen zwischen Ost und West, zwischen den wichtigsten Machtsphären der Erde nach dem Zweiten Weltkrieg, werden mit diesem Bild evident
.

PROVENIENZ: Galerie Werner, Köln (auf dem Keilrahmen mit Etikett).
Galerie Fred Jahn, München.
Sammlung Haniel, Duisburg (seit 1984, direkt beim Vorgenannten erworben).

LITERATUR: Franz Haniel & Cie GmbH, Die Sammlung Haniel, Ernst Wasmuth Verlag,
Tübingen, Berlin 2010, mit Farbabb. S. 211 und 224.

"Die Wurzeln des Kalten Krieges" malt A. R. Penck in dem Jahr, in dem er aus dem Ostblock kommend in den Westen wechselt. 1980 bemühen sich die beiden deutschen Staaten um eine erfolgreiche Entspannungspolitik, anlässlich der Olympischen Spiele in Moskau nimmt diese allerdings Schaden durch den Boykott Westdeutschlands an der Seite der USA. A.R. Penck wird 1939 unter dem Namen Ralf Winkler in Dresden geboren und wächst nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR auf. Als Maler, Bildhauer und später Rockmusiker entwickelt Penck ab den 1960er Jahren einen Piktogrammstil, mit dem er die komplexen Verhältnisse und Themen seines Daseins zu klären sucht. Damit konfrontiert Penck nicht nur die argwöhnischen Machthaber seines Landes, sondern spiegelt den Ideologen das Unheilvolle des Kalten Krieges zwischen Ost und West. Nicht ohne Anspielung auf diese national verordnete Eiszeit wählt der Künstler 1969 sein Pseudonym nach dem Geologen und Eiszeitforscher Albrecht Penck (1858-1945). Pencks Beteiligung an der documenta V 1972 bringt ihm zwar die künstlerische Anerkennung im Westen, der Erfolg beschränkt aber gleichzeitig den Handlungsraum im Osten: Penck erhält Ausstellungsverbot. 1980 schließlich, von den Repressalien in eine Krise gestürzt, beantragt Penck die Ausreise und siedelt in die Bundesrepublik Deutschland über. Das Thema Individuum und Gesellschaft behält für den Künstler durchaus seine gleichbleibende Brisanz, auch wenn Penck sich dabei stets von einer mimetischen Malerei zurückhält. Zahlreiche Werke wie das Gemälde "Die Wurzeln des Kalten Krieges" gehören dazu und widmen sich dem Thema Ost-West. Die hier andeutungsweise auftretenden drei blauen Rundpaare mit roter Umrandung bewegen sich in einem von kräftiger Farbigkeit geprägten Bildraum wie Symbole in einem Labyrinth. Eine Assoziation zu beobachtenden Augen liegt nahe. Auch können es symbolische Kugeln sein, die vom lichten Westen abgefeuert an der rot brennenden Mauer abprallen, die das undurchsichtige Dunkel des Ostens schützt. Die Spannungen zwischen Ost und West, zwischen den wichtigsten Machtsphären der Erde nach dem Zweiten Weltkrieg, werden mit diesem Bild evident. Für dieses Gemälde wechselt Penck die für sein Werk so typische, karge Bildsprache seiner "Strichmänner" der 1970er Jahre, um mit wilden malerischen Möglichkeiten einen regelrechten Aufruhr aus heftig vorgetragenen Farben, einigen rot eingefassten blauen Doppelkreisen und wie Blitze im Raum wirbelnden Strichen zu inszenieren. Von einem kühlen Blau-Weiß links steigert sich die Farbgebung zu einem flammenden Rot, dessen "Rücken" von tiefem Schwarz und einem kalten Blau gleichsam abgekühlt wird. Der heftige Pinselduktus geht einher mit der drängenden Bewegung der Formen von links nach rechts, expressiv und visuell eindrucksvoll in Szene gesetzt. [MvL]



98
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
Die Wurzeln des Kalten Krieges, 1980.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 57.500

(inkl. Käuferaufgeld)