Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 215

 

215
Gerhard Richter
Ohne Titel (19.2.97), 1997.
Aquarell auf Papier
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 93.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel (19.2.97). 1997.
Aquarell auf Papier.
Rechts unten signiert und datiert. Auf der Rahmenabdeckung nochmals signiert. 11,2 x 15,5 cm (4,4 x 6,1 in), blattgroß.

• Aquarelle sind eine kleine, aber für den Künstler wichtige Werkgruppe im Gesamtœuvre, die er im März 1997 beendet.
• Transparenter und deckender Farbauftrag: Richter nutzt die schöpferischen Möglichkeiten der Aquarell-Technik.
• Seit der Entstehung in Privatbesitz.
• Kleinod von faszinierender leuchtender Farbigkeit
.

Das Werk ist im Online-Werkverzeichnis verzeichnet.

PROVENIENZ: Wako Works of Art, Tokio/Japan.
Privatsammlung London (direkt beim Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Gerhard Richter, Wako Works of Art, Tokio, Japan, 24.10.1997-28.11.1997.

Gerhard Richters beeindruckendes Œuvre auf Papier ist bislang nur einem kleineren Kreis von Kennern bekannt. Erste Aquarelle und Zeichnungen, die zunächst wie seine Gemälde auf Fotografien basieren, entstehen 1964. Die Papierarbeiten treten fortan in größeren Zeitintervallen und meist systematisch in Serien auf. Eine intensivere Auseinandersetzung mit der Aquarellmalerei beginnt ab Ende der 1970er Jahre, einen Höhepunkt findet sie in den 1980er Jahren. Erst 1985 werden erstmals Werke dieses Genres in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt. Zunächst erscheint die Aquarellkunst Richter zu verspielt, da er fürchtet, die entstehenden Blätter könnten zu schön, zu verführerisch, zu "künstlerisch" sein. Generell spielt das Medium der Aquarellmalerei in der Kunst der Nachkriegsmoderne eine untergeordnete Rolle, und erst in den 1980er Jahren wird es für verschiedene Künstler wie Beuys, Tuttle, Palermo, Polke, Baselitz, Graubner oder eben Gerhard Richter wieder zu einem wichtigen Ausdrucksmittel. Der Künstler schätzt den nur hier möglichen Arbeitsvorgang - das Schütten, Tropfen, Auftragen von Farbe -, weil das Ergebnis nicht genau planbar ist. So wird eine "Lässigkeit" (G. Richter, in: Dieter Schwarz, Gerhard Richter: Zeichnungen 1964-1999, Düsseldorf 1999, S. 7.) erzeugt, die in den Ölgemälden nur schwer zu erreichen ist und die Richter besonders wichtig ist, da sie den Künstler als Subjekt in den Hintergrund und Material und Farbe in den Vordergrund treten lässt. Die Methode des seriellen Arbeitens und das Prinzip des Zufalls sind beides feste Bestandteile im künstlerischen Schaffen Richters, die auch auf die Aquarelle zutreffen. Die kleinformatigen leuchtenden Werke erarbeitet er in zeitlich komprimierten und intensiven Arbeitsphasen. Die Aquarelle tragen meist ein Datum, das den Titel ersetzt. Sie geben uns auch Aufschluss über die Arbeitsweise des Künstlers, fast täglich entsteht ein neues Werk. Das Arbeiten in Schichten ist ihnen mit den großen Gemälden der "Abstrakten Bilder" gemein. Transparente Farbschlieren werden durchbrochen von aus der Tiefe heraus leuchtenden stärker pigmentierten Farbflächen. Es dominieren zunächst Rot-, Gelb- und Blautöne. "Mit der Beschränkung auf Primärfarben vermeide ich erst einmal einen bestimmten Ton mischen zu müssen, denn der wäre dann weniger neutral, vielleicht aber extravagant oder geschmackvoll oder wie immer. Also ist es schon besser, mit Rot, Blau und Gelb anzufangen, die Mischungen entstehen sowieso von selbst." Gerhard Richter, zit. nach: Gerhard Richter, Texte 1971 bis 2007, hrsg. von Dieter Schwarz, Köln 1999, S. 352) Das transluzide Merkmal der Aquarelltechnik nutzt er für seine Kompositionen, das Ausblühen vermeidet er. In mehreren Arbeitsgängen, bei denen immer wieder kurze Trocknungsphasen einzuplanen sind, entstehen übereinandergelagerte Farbgeflechte. Doch setzt die Aquarelltechnik ihm Grenzen, das Papier ist im Gegensatz zur Leinwand nicht in der Lage zahlreiche Farbschichten aufzunehmen. Viel eher als beim Gemälde muss er den Punkt der Vollendung frühzeitig finden. Nach einer arbeitsintensiven Phase im Februar 1997, in der auch das vorliegende Werk entsteht, vollendet Gerhard Richter am 12. März 1997 sein wohl letztes Aquarell. [SM]



215
Gerhard Richter
Ohne Titel (19.2.97), 1997.
Aquarell auf Papier
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 93.750

(inkl. Käuferaufgeld)