Auktion: 512 / Klassische Moderne II am 12.12.2020 in München Lot 465

 

465
Karl Hofer
Weg nach Lugano, Um 1930.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 33.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Weg nach Lugano. Um 1930.
Öl auf Leinwand.
Wohlert 921. Rechts unten monogrammiert (in Ligatur). Verso auf dem Keilrahmen wohl von fremder Hand datiert "um 1930" sowie mit dem Namen und der Adresse des Künstlers bezeichnet. 62 x 100 cm (24,4 x 39,3 in).
Hofer schafft insgesamt vier Versionen dieses Bergpanoramas mit zurückgenommener und zugleich eindrucksvoller Bildsprache. Bei der hier vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine der beiden frühen Versionen (die andere 1926, Wohlert 726). Zwei weitere Arbeiten mit diesem Motiv entstehen um 1935 (Wohlert 1168) und 1945 (Wohlert 1910).
• Eine der berühmten Landschaftsdarstellungen Hofers aus dem Tessin, das der Künstler ab den 1920er Jahren zu seiner zweiten Heimat auserkor.
• Seit über 50 Jahren in Familienbesitz.
• Weitere Landschaften aus dieser Zeit befinden sich bspw. im Museum Kunstpalast in Düsseldorf, im Sprengel Museum in Hannover, in der Galleria Nazionale d'Arte Moderna e Contemporanea in Rom, in der Staatsgalerie Stuttgart und im Kunstmuseum Winterthur
.

PROVENIENZ: Atelier des Künstlers (bis mindestens 1935).
Galerie Nierendorf, Berlin (1965).
Galerie Grosshennig, Düsseldorf.
Privatsammlung Minden/Bad Oeynhausen (ab 1968).
Privatsammlung Schweiz (1973 vom Vorgenannten durch Erbschaft erhalten).
Seitdem in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Marc Chagall, Karl Hofer, Franz Marc, Marianne von Werefkin, Kunsthaus Zürich, 13.1.-10.2.1935; Mannheimer Kunstverein, März 1935; Freiburger Kunstverein, 30.5.-30.6.1935, Kat.-Nr. 65, S. 6 (Ausstellung aus dem Eigentum des Künstlers).
Werner Zeppenfeld: Plastik, Max Beckmann: Graphik, Karl Hofer: Ölgemälde, Kunstverein in Hamburg, 5.4.-3.5.1936, Kat.-Nr. 6.
Karl Hofer and Xaver Fuhr, Detroit Institute of Arts u. Russell A. Alger House, Grosse Pointe Farms, Detroit, 17.3.-2.4.1939, Kat.-Nr. 16.
Expressionisten. Aquarelle, Bilder, Graphik, Galerie Nierendorf, Berlin 1965, Kat.-Nr. 16 (mit dem Titel "Berglandschaft mit Häusern", dat. "um 1928", mit Abb.).

LITERATUR: Koch, Neue Arbeiten von Karl Hofer, in: Neues Mannheimer Volksblatt, 8.3.1935.

1918 bereist Karl Hofer erstmals das Tessin, das ihm in den kommenden Jahren immer wieder als Zufluchtsort und Inspirationsquelle dient und das er ab Mitte der 1920er Jahre dann mit dem Erwerb eines Sommerhäuschens am Luganer See zu seiner zweiten Heimat macht. In mehreren äußerst farbharmonischen Landschaftsgemälden porträtiert Hofer die ihn im Tessin umgebende Landschaft und schafft Darstellungen von Tessiner Dörfern und Sehenswürdigkeiten. Zu dieser Zeit arbeitet er meist mit vereinfachten Formen, starken Konturen und deutlich voneinander abgesetzten Farbflächen, die seinem damals intendierten strengen, fast abstrahierenden, malerischen Ausdruck entsprechen.
Den hier dargebotenen Blick auf die Tessiner Berge hält er in typischer Hofer-Manier zwischen 1926 und 1945 in gleich mehreren Versionen fest. Diese Form der über mehrere Jahrzehnte gestreckten Wiederholung und Variation eines bestimmten Bildmotivs gilt als charakteristisches Prinzip der bildnerischen Gestaltung im Œuvre des Künstlers. In einem langwierigen Prozess verändert, verdichtet, klärt und präzisiert Hofer die jeweilige erwählte Bildidee und erzielt mit dieser besonderen motivischen Konzentration eine sonderbare Steigerung von Form und Ausdruck seiner Werke. Eine erste Version aus den 1920er Jahren zeigt die Landschaft noch in deutlich sanfterem Licht, Hofer verwendet abgeschwächte, teils pastellige Töne. Die vorliegende Landschaft ist nicht mehr so unmittelbar an das Gesehene gebunden, sie entsteht mehrere Jahre später. Nun bannt der Künstler die für ihn so bedeutende Landschaft um Lugano in viel kräftigeren, mutigeren Farben auf die Leinwand, setzt stärkere Konturen und Kontraste. Eine noch spätere Version zeigt dann plötzlich einige von Hofer hinzugefügte Strom- und Telegrafenmasten. Die auf die erste Version folgenden Variationen eines Bildmotivs entstehen stets in weit größerer künstlerischer Freiheit, in Unabhängigkeit vom zugrunde liegenden realen Motiv. Sie sind Ergebnis konzeptueller Überlegungen, von Emotionen losgelöst. Auf ebendiese Weise gelingt es Hofer, die für seine Werke so charakteristische distanzierte Ausstrahlung hervorzurufen. [CH]



465
Karl Hofer
Weg nach Lugano, Um 1930.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 33.750

(inkl. Käuferaufgeld)