Auktion: 498 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 18.07.2020 in München Lot 550

 

550
Franz von Lenbach
Charlotte von Meiningen, Prinzessin von Preussen, 1895.
Öl über Bleistift auf Malpappe
Schätzung:
€ 5.000
Ergebnis:
€ 11.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Charlotte von Meiningen, Prinzessin von Preussen. 1895.
Öl über Bleistift auf Malpappe.
Rechts unten signiert und datiert. Verso handschriftlich bezeichnet. 46 x 39 cm (18,1 x 15,3 in).
Im originalen Irlbacher-Rahmen.
• Intimes Porträt einer wichtigen Persönlichkeit des Deutschen Kaiserreichs.

PROVENIENZ: Erbprinz Bernhard von Sachsen-Meiningen (1851-1928), verso mit einer Eigentümerbezeichnung).
Privatbesitz Süddeutschland (seit den 1970er Jahren in Familienbesitz).

Prinzessin Charlotte von Preußen (1860-1919), mit vollständigem Namen Victoria Elisabeth Augusta Charlotte, entstammte dem Haus Hohenzollern und war die Tochter Friedrichs III., dem Sohn von Wilhelm I., und für 99 Tage deutscher Kaiser. Ihre Großmutter mütterlicherseits war die englische Königin Victoria, ihr älterer Bruder Wilhelm II. war von 1888-1918 deutscher Kaiser. Ihre Vermählung mit dem Erbprinzen Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen 1878 hatte jedoch nicht den gewünschten Effekt, die kapriziöse und aufrührerische 17-jährige in ruhigere Bahnen zu lenken, den man sich vom zurückhaltenden Temperament Bernhards erhofft hatte. Das Paar lebte zunächst in der Villa Liegnitz am Rande des Parks von Schloss Sanssouci in Potsdam, ab 1893 im Großen Palais in Meiningen; die Sommermonate verbrachten die beiden häufig in ihrer Villa in Cannes, auch aufgrund der schwachen Gesundheit Charlottes. Nach der Absetzung des Kaisers und der Abdankung ihres Mannes nach dem ersten Weltkrieg verlor sie sämtliche Titel und starb aufgrund ihrer angeschlagenen Gesundheit 1919 in Baden-Baden, wo sie bereits zahlreiche Kuraufenthalte verbracht hatte. Prinzessin Charlotte hatte zu Lebzeiten für einige Skandale gesorgt, unter anderem war sie 1891 in die sogenannte „Kotze-Affäre“ involviert, bei der wohl ein Mitglied des adligen Hofstaates anonyme Schmähbriefe nach einer sexuellen Orgie auf dem Jagdschloss Grunewald verfasste und an die Teilnehmer der Orgie schickte. Der Skandal weitete sich aus, als die Briefe der Polizei übergeben wurden und einer der Hauptbeschuldigten, der Hofzeremonienmeister Leberecht von Kotze, sich in einigen Duellen zur Wehr setzte. Die Affäre schadete dem Ansehen der Familie Hohenzollern und auch dem Ruf Charlottes, die in der Berliner Gesellschaft sehr präsent war, keinerlei Vergnügungen scheute und liberale Ansichten vertrat. Lenbach porträtiert die leichtlebige Prinzessin hier mit 36 Jahren in flüchtigen, leichten Strichen und fängt die Zartheit der hellen Haut in fast pastelligem, weichem Farbauftrag ein. Die Lockerheit der Pinselführung über der noch sichtbaren Unterzeichnung verleiht dem Porträt eine natürlich-spontane Anmutung. Nur angedeutet werden Kopfschmuck und Bekleidung, wodurch sich die ganze Aufmerksamkeit auf die grazile Drehung des Halses, das helle Gesicht und den Blick der klaren blauen Augen richtet. Zur Zeit der Entstehung des Porträts war Lenbach bereits zu einem der gefeiertsten Gesellschaftsporträtisten aufgestiegen, dank seiner Fähigkeit, durch seine scharfen Beobachtungen physiognomische Eigenheiten und mimische Ausdrucksvarianten mit virtuoser Hand wiederzugeben. Etliche Mitglieder europäischer Königs- und Adelsfamilien beauftragten ihn mit der Anfertigung ihrer Bildnisse. Besonders seine Frauenbildnisse bestechen dabei durch ihre Natürlichkeit und stellen eine Mischung aus idealisierter Schönheit und individuellem Charakter dar. So verleiht Lenbach dem fragilen Äußeren und dem lebhaften Charakter der Prinzessin in zarten und leichten Farbklängen meisterhaft Ausdruck. [KT]



550
Franz von Lenbach
Charlotte von Meiningen, Prinzessin von Preussen, 1895.
Öl über Bleistift auf Malpappe
Schätzung:
€ 5.000
Ergebnis:
€ 11.250

(inkl. Käuferaufgeld)