Auktion: 500 / Evening Sale am 17.07.2020 in München Lot 251

 

251
Sigmar Polke
Ohne Titel, 1974.
Dispersion und Gouache
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 60.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 1974.
Dispersion und Gouache.
Rechts unten signiert und datiert. Auf Velin. 67,2 x 100 cm (26,4 x 39,3 in), blattgroß. [CH].

• Explizit pornografische Darstellung, die in den 1970er Jahren
eine Provokation darstellte.
• In der Technik des für Polke typischen „Layerings“.
• Polke hat sich damals einen Spaß daraus gemacht.
• Leuchtende Arbeit der Werkgruppe in Anlehnung an die
Motivüberlagerungen Francis Picabias
.

Wir danken Michael Trier für die freundliche Beratung.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

"Wenn ein Bild nicht geliebt wird, dann holt es sich die Liebe. Ein Bild kommt immer dahin, wo es hin muß; ein Bild holt sich sein Opfer. Die haben doch ein Eigenleben."
Sigmar Polke im Interview mit Bice Curiger, Parkett, Nr. 26, Zürich 1990, S.15.
"Jede Zeit hat ihre eigenen Träume, die zerstört werden oder nicht, auch Wunschträume."
Sigmar Polke, aus: Anna Erfle, Sigmar Polke – Der Traum des Menelaos, Köln 1997.

Sigmar Polke unterzieht in seiner - ursprünglich als "Jahresgabe" für den Westfälischen Kunstverein begonnenen - Serie, "o. T. Münster", farbenfrohe Kompositionen einer Art Selbstüberarbeitung, indem er die abstrakten Pinselzüge mit Softpornomotiven anreichert. Diese Modifikation der ersten Bildebene, der scheinbar "unpassende" Eingriff, zeichnet die Gruppe der "Layerings" aus, die auch als Veralberung, als listige Anspielung auf die inhaltlosen "Vermalungen" der Kollegen lesbar sind. Die "dekorativen" Blätter werden in ihrer Banalität entlarvt, indem sie mit noch mehr "intimen Banalitäten" aufgeladen werden. Kunstgeschichtlich betrachtet, ist die Serie eine Verbeugung vor und gleichzeitige Entwendung von einer Methode Francis Picabias, die dieser in seinen "Transparences" angewandt hat, einer Serie von Motivüberlagerungen, mit denen der Pariser Künstler mitten in der Belle Époque der 1920er Jahre bereits katalanische Madonnen, Botticelli und spanische Folklore als sich durchdringende Ebenen transparent verhandelte. Polke ist einer der ersten Künstler, der Picabias herausragende Qualitäten als methodische Ressource für die heraufziehende Postmoderne erkennt und nutzt. Polke "Ohne Titel" von 1974, ist ein "leuchtendes" Beispiel dieser Werkgruppe. Der Künstler hielt es zunächst zurück wie einige der besten Blätter dieser Serie - die übergroßen Tabletten, schwimmende, dreidimensionale Punkte, bilden die Blüten in Monets Seerosenteich. [AH]



251
Sigmar Polke
Ohne Titel, 1974.
Dispersion und Gouache
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 60.000

(inkl. Käuferaufgeld)