Auktion: 496 / Evening Sale am 06.12.2019 in München Lot 121

 

121
Otto Mueller
Zwei Mädchenakte, Wohl um 1925.
Blaue Ölkreide und Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 187.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Zwei Mädchenakte. Wohl um 1925.
Blaue Ölkreide und Aquarell.
Links unten signiert. Verso von fremder Hand bezeichnet "N° 8, Kr 1036" sowie Aquarell Müller. Auf Velin. 68,3 x 50,5 cm (26,8 x 19,8 in).

• Zwei Akte in arkadischer Landschaft.
• Charakteristische Farbstiftzeichnung mit Aquarell.
• Fein ausgeglichene Farbpalette.
• Bis 1937 im Staatlichen Museum, Saarbrücken (es werden keine Restitutionsansprüche gestellt)
.

Mit einem schriftlichen Gutachten von Frau Dr. T.Pirsig-Marshall vom 23.10.2019. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Dr. Mario-Andrea von Lüttichau und Dr. Tanja Pirsig-Marshall unter der Nummer WVZ P1925/23 (948) aufgenommen.

PROVENIENZ: Staatliches Museum Saarbrücken (1926-1937; verso mit dem nummerierten Inventarstempel).
Staatsbesitz (1937-1939, verso mit der EK-Nummer 6683).
Bernhard A. Böhmer, Güstrow (1939, durch Kauf vom Vorgenannten).
Privatsammlung Norddeutschland (mutmaßlich direkt aus dem Nachlass des Vorgenannten erworben).

LITERATUR: www.geschkult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/datenbank (EK-Nr.: 6683).

Es sind dies keine spontan komponierten Szenen, wie sie Ernst Ludwig Kirchner oder Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff an den Moritzburger Seen, auf Fehmarn oder in Dangast inszenieren und damit den aussagekräftigen expressiven "Brücke"-Stil kreieren, sondern es sind dies ausgewogene Erzählungen von ebenschönen Körpern in erfundener Natur. Die Darstellung des Aktes in Landschaften wie in diesem Aquarell "Zwei weibliche Akte", wohl Mitte der 1920er Jahre entstanden, ist charakteristisch für die fein austarierte Malerei Otto Muellers. Für ihn ist der weibliche Akt, der Akt im Raum, der Akt in der Landschaft künstlerischer Ausgangspunkt. Besonders das Thema "Akt in der Landschaft" formuliert Otto Mueller auf vielfältige Art, variiert den oder die nackten Körper, inszeniert weite Hintergrundslandschaft am Meer und an Teichen oder belebt wie mit dieser charakteristischen Farbstiftzeichnung mit Aquarell einen Landschaftsausschnitt. Muellers jeweilige Partnerinnen oder Aktfotos von ihnen dienen ihm als Modell, bisweilen nutzt er eine Gliederpuppe, um Bewegung, Haltung und Proportion als das Maß imaginär nachzustellen. Muellers Kompositionen wecken deshalb gelegentlich den Eindruck, als seien Skulpturen zum gemeinsamen Auftritt eingeladen, die Gestalt der Frau zu mimen, den Eros und die Schönheit in idealisierter aber auch reduzierter Form zu imaginieren. Landschaften und Orte sind keiner Zeit verbunden, einzelne Bäume, inszenierte Baumgruppen, chiffrenartig angedeutete Gräser, Schilf und Buschwerk umgeben hier die Sitzbank. Mueller sieht arkadische Landschaften, in denen junge Mädchen, vereinzelt auch Männer sich nackt unbeschwerter Lebenslust hingeben, zeitlos gleichsam in ein irdisches Paradies versetzt, an unberührten, von Dünen umsäumten Meeresküsten, an Ost- oder Nordsee, zwischen Bäumen und Teichen, umgeben von märkischem Sand unweit von Berlin.
Muellers künstlerische Motivation liegt weniger in der Beschreibung oder der Kritik von Zuständen als vielmehr in der Suche nach dem Selbst, stellt sich dem Karma, nach innen zu sehen, in das Zentrum des Menschlichen. Hier nährt sich der Gedanke, dass es Muellers Ziel sein könnte, "Urbilder" zu schaffen. Auf diesem Weg begleiten ihn das Studium künstlerischer Vorbilder, das Beobachten besonders weiblicher Körper, die starke Einflussnahme der Frauen auf sein Leben sowie seine ständige Selbstreflektion. Otto Mueller entwickelt und variiert dabei behutsam und sensibel seine Malerei und sucht mit geringem Aufwand und wenigen Veränderungen, neue Impulse zu gewinnen, die er auch in Zeichnungen und Lithografien erprobt, bevor er das reife Ergebnis schließlich auch mit Gouache, Aquarell und Farbkreiden wie hier mit der Komposition "Zwei weibliche Akte" realisiert. [EH/MvL]



121
Otto Mueller
Zwei Mädchenakte, Wohl um 1925.
Blaue Ölkreide und Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 187.500

(inkl. Käuferaufgeld)