Das Thema Omnia vincit Amor, welches Pan zeigt, wie er von Amor bezähmt wird, scheint zum ersten Mal von den Carraccis kurz vor 1600 in dieser Form ausgeprägt und zu großer Popularität geführt worden zu sein. Ihm liegt das von Vergil (Ekloge 10, Vers 69) formulierte, interpretierende Wortspiel zu Grunde, dass der Name des griechischen Gottes Pan auch "Alles" bedeutet. Sowohl Agostino als auch Annibale Carracci haben dieses Sujet in ihren Werken dargestellt. Von Agostinos Hand stammt ein 1598 datierter Stich, zu dem sich die Vorzeichnung im Frankfurter Städel erhalten hat. Ihn wiederholt ein Gemälde auf Kupfer, das zuletzt 1999 im Kunsthandel auftauchte. Annibale hat das Thema in einem Deckenmedaillon der Galleria Farnese im gleichnamigen Palazzo in Rom als Grisaille dargestellt.
Die vorliegende Zeichnung steht Annibales Fresko näher als dem Stich Agostinos. Gleichwohl ist die kraftvolle Zeichnung weit entfernt, eine Kopie des Freskos zu sein. Vielmehr ist sie eine selbstbewusste und freie Variation von Annibales Formulierung. So sind im Fresko die Gesichter der Kontrahenten voneinander abgewandt und durch Pans linken Unterarm getrennt. In der Zeichnung hingegen greift dieser nun hinter Amors Rücken nach dessen linkem Flügel, während sich beide in die Augen sehen. Auch fehlt in der Zeichnung jede Andeutung eines Hintergrundes. Stattdessen wird der blockhafte Erdhügel betont, auf dem Pan sitzt, was nahelegen könnte, dass der Zeichner an eine dreidimensionale Gestaltung des Themas dachte und wir es hier mit einer Bildhauerzeichnung zu tun haben könnten.