Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 307

 

307
Leo Putz
Porträt einer Dame unter grünem Schirm (Frieda Blell), 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Porträt eines Mädchens (Frieda Putz). 1911.
Öl auf Leinwand.
Nicht bei Putz. Links unten signiert und datiert. 80 x 70 cm (31,4 x 27,5 in).

In der Frische der Farbgebung besonders wirkungsvolles Porträt der Frau des Künstlers
.
Mit einer schriftlichen Expertise von Herrn Wolfgang Schüller, München vom 27. Oktober 2014.

PROVENIENZ: Privatsammlung USA (Geschenk an die Großeltern, als diese in Deutschland lebten).

Gegen den Willen des Vaters siedelt Leo Putz bereits mit 16 Jahren nach München über, um bei seinem Stiefbruder Prof. Robert Poetzelberger ersten Zeichenunterricht zu nehmen. Es folgt eine künstlerische Ausbildung zunächst an der Münchener Akademie und von 1891 bis 1892 an der Pariser Akademie Julian bei den Professoren Adolphe Bouguereau und Benjamin Constant. Nach der Rückkehr aus Paris besucht Putz die Atelierklasse des Genremalers Paul Höcker. Im Jahr 1892 wird die Münchner Sezession gegründet, an deren Ausstellungen Putz sich jährlich beteiligt. Einige Jahre später, 1899, entsteht aus der Atelierklasse Höckers die Künstlergruppe "Scholle", zu deren Gründungsmitgliedern Leo Putz gehört. Dem vorherrschenden Akademiestil und Historismus der damaligen Zeit wird eine neue, temperamentvolle Malweise entgegengesetzt, die den Einfluss Wilhelm Trübners erkennen lässt. Der Mensch, vornehmlich die Frau, wird zum zentralen Thema des künstlerischen Schaffens. Schönstes Beispiel hiervon geben die sogenannten "Hartmannsberger-Bilder", die in den Aktstudien badender Mädchen den Zauber und das Licht der Plein-air-Malerei einfangen.

Die Aufenthalte im Schlosshof von Hartmannsberg ab 1907 bringen für Leo Putz die stilistische Hinwendung zu einer Freilichtmalerei, die fern jeder akademischen Regelung eine ungewöhnliche Freiheit der Spätimpressionisten-Palette zeigt. In Hartmannsberg arbeitet er zusammen mit Edvard Cucuel, oft am gleichen Motiv. Die Modelle sind Freundinnen oder wie im vorliegenden Gemälde die Verlobte Frieda Blell. Das Motiv der Dame mit dem grünen Sonnenschirm ist mehrfach von Leo Putz aufgegriffen worden und darf in seiner farblichen Delikatesse der Lichtgegensätze zu den Höhepunkten der Freilichtmalerei im Schaffen von Leo Putz gezählt werden. Interessant ist die vom Künstler vorgenommene Korrektur in der Darstellung. Der Stab des grünen Sonnenschirms ist getilgt, geblieben ist die Handhaltung der Dame und der grüne Schirm als solcher. Was im Sinne des Malers wohl einer Vereinheitlichung der Komposition dienen sollte, bleibt ein imaginäres Relikt. Doch das Augenmerk ist ganz auf das Gesicht der Dargestellten gerichtet, das halbverschattet vom Hut in seiner sprechenden Prägnanz ganz den ungewöhnlichen Farbensinn von Leo Putz zeigt, der mit Hilfe eines breiten Pinselstriches eine Kombination von farblicher Delikatesse vor uns ausbreitet, die ihresgleichen sucht.

1923 zieht er mit seiner Familie nach Gauting in Bayern und wird bereits zwei Jahre später Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 1929 tritt Putz seine erste Fernreise nach São Paulo an. Er verbringt die kommenden Jahre mit seiner Familie in Südamerika, unternimmt ausgedehnte Reisen nach Buenos Aires und nach Bahia in den Urwald. Putz' Arbeit wird mit einer außerordentlichen Professur an der Escola Nacionala de Bellas Artes in Rio geehrt. Die Jahre in Südamerika geben seiner Malerei neue Impulse, die Motive zeigen nun südländische Landschaften und Menschen, die Farbpalette erweitert sich um kräftige und farbenfrohe Töne. 1933 kehrt Putz mit seiner Familie wieder nach Gauting zurück. Sein Werk wird zwar mit einer großen Ausstellung vom Künstlerverein München geehrt, trotzdem sieht Putz sich 1936 gezwungen, vor den Nationalsozialisten in seine Geburtsstadt Meran zu fliehen. Er erhält 1937 Berufsverbot und bereits 1938 bewirkt die NSDAP die Auflösung der Sezession und sämtlicher Münchener Künstlergruppen. Am 21. Juli 1940 stirbt Leo Putz im Meraner Exil, die Beerdigung findet auf dem Gautinger Friedhof statt.




307
Leo Putz
Porträt einer Dame unter grünem Schirm (Frieda Blell), 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inkl. Käuferaufgeld)