Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 330

 

330
Ernst Ludwig Kirchner
Windmühle (Eine Windmühle auf Fehmarn), Um 1908.
Aquarell
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 57.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Windmühle (Eine Windmühle auf Fehmarn). Um 1908.
Aquarell.
Auf leicht grauem Kupferdruckpapier. 30,5 x 21,5 cm (12 x 8,4 in), blattgroß.
Verso: Bildnis Dr. Bauer. Radierung, 1921. Dube R 384 a II (von b II). 19,2 x 16,1 cm (7,5 x 6,4 in). Signiert und bezeichnet "Eigendruck" sowie betitelt: "Kopf Dr. Bey".
Zusätzlich von Dr. Bauer signiert.
Farbfrisches Aquarell und seltene Radierung auf einem Blatt.
Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert.

PROVENIENZ: Sammlung G. Pinkus, Beverly Hills/Kalifornien.
Galerie Kornfeld Bern, 1995, Kat. 75 mit Abb.
Privatsammlung Süddeutschland.

Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums in Dresden, während Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennenlernt und mit diesen bereits künstlerisch zusammenarbeitet, entscheidet sich Ernst Ludwig Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Brücke" mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur. Die Gruppe orientiert sich zunächst an Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus.

1908 besucht der junge Kirchner erstmals die Ostseeinsel Fehmarn. Der Sommeraufenthalt ist für den Maler äußerst produktiv, die in frischer Sommerluft strahlenden Landschaften und unbeschwerten Eindrücke der langen Urlaubstage hält der Künstler in einem Skizzenbuch fest. Vergleichbar mit den Sommeraufenthalten an den Moritzburger Teichen der Dresdner "Brücke"-Zeit, wird hier Natur emotional und hautnah erlebt und zu Papier gebracht. Unter dem Eindruck dieser frohen Zeiten entsteht auch unser Aquarell. Die in eine Landschaft eingebettete Windmühle erscheint in einer ungewöhnlich frischen Farbigkeit, die in Flächen angelegt, das Blatt gliedert. Die malerischen Qualitäten weisen es als ein Werk höchster Zeichenkunst aus, deren Beherrschung Kirchners besonderes Anliegen war. Die rückseitige Radierung "Bildnis Dr. Bauer" wird im Werkverzeichnis der Grafik von Dube in zwei Zuständen beschrieben. Es scheint aber einen Zwischenzustand gegeben zu haben, der hier als von Kirchner handschriftlich bezeichneter "Eigendruck" vorliegt und der möglicherweise Dube nicht bekannt war.

Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der Gruppe um 1910, er wird "härter". Ernst Ludwig Kirchner studiert die Plastik im Dresdner Völkerkundemuseum. Unter diesem Eindruck haut und schneidet Kirchner Holzplastiken. 1911 übersiedelt Ernst Ludwig Kirchner nach Berlin. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die Kirchner in vereinfachten, scharf konturierten Formen, expressiven Zügen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Diese Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen Ernst Ludwig Kirchner zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die folgenden Jahre bedeuten einen Wendepunkt in Kirchners Leben. Die Kriegsereignisse und der Militärdienst stürzen Kirchner in existenzielle Angst, führen letztlich zu Krankheit und langen Sanatoriumsaufenthalten. Um so bemerkenswerter ist seine künstlerische Produktion in dieser Zeit. Es entstehen Werke wie der Holzschnitt "Frauen am Potsdamer Platz", die "Bilder zu Chamissos Peter Schlemihl", die Selbstporträts und Holzschnittbildnisse aus den Sanatorien, die zu den Höhepunkten seines Œuvres zählen. 1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens. Um 1920 beruhigt sich seine expressive Malweise, die Bilder erhalten eine teppichhafte Flächigkeit. Daneben entsteht ein bedeutendes grafisches Werk in Form von Holzschnitten, Lithografien und Federzeichnungen. 1923 zieht Ernst Ludwig Kirchner in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet.




330
Ernst Ludwig Kirchner
Windmühle (Eine Windmühle auf Fehmarn), Um 1908.
Aquarell
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 57.500

(inkl. Käuferaufgeld)