Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 26

 

26
Ernst Barlach
Kußgruppe III, 1921.
Bronze
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 15.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Kußgruppe III. 1921.
Bronze mit braun-grüner Patina.
Lauer 326, Schult 255. Links mit dem Namenszug sowie rechts unten an der Plinthe mit dem Gießerstempel "H.Noack Berlin Friedenau". Eines von 20 unnummerierten Exemplaren einer teils posthum ausgeführten Auflage. 16,8 x 12,5 x 9,5 cm (6,6 x 4,9 x 3,7 in).
Gegossen 1937/38 von der Bildgießerei Hermann Noack, Berlin. Die Rückseite der Bronze ist offen gearbeitet. [EH].
Bei dem hier vorliegenden, sorgfältig ausgeführten Guss handelt es sich wohl um eines der ersten Exemplare, welche nach dem Werkmodell von 1921 hergestellt worden sind.
Wir danken der Ernst Barlach Lizenzverwaltung, Ratzeburg, für die wissenschaftliche Beratung.

LITERATUR: Bronzen von Ernst Barlach, Galerie Flechtheim, Berlin November 1930, Nr. 13 (wohl anderes Exemplar).
Gemälde, Skulpturen, Environments vom Expressionismus bis zur Gegenwart, Museum Ludwig Köln, Bestandskatalog, hrsg. v. Siegfried Gohr, bearb. v. Evelyn Weiss, Gerhard Kolberg, Köln 1986 (wohl anderes Exemplar).

Die Ausbildung des norddeutschen Bildhauers und Grafikers Ernst Barlach beginnt in Hamburg. Hier besucht er ab 1888 die Gewerbeschule. 1891 führt ihn sein Weg an die Dresdner Akademie, wo er seine Studien im Fach Bildhauerei fortsetzt und Meisterschüler von Robert Diez wird. Gefestigt wird Barlachs gründliche akademische Ausbildung durch zwei Studienaufenthalte in Paris 1895 und 1897. Eine 1906 unternommene Russlandreise beeinflusst sein künstlerisches Schaffen nachhaltig. Die Eindrücke des urwüchsigen Bauerntums und der russischen Volkskunst schlagen sich fortan in der kraftvollen und volksnahen Gestaltungsweise seiner Skulpturen nieder. Daneben entstehen in diesen Jahren grafische Illustrationszyklen zu eigenen Dramen. 1910 lässt Barlach sich in Güstrow (Mecklenburg) nieder. 1917 findet Barlachs erste Ausstellung bei Paul Cassirer in Berlin statt, 1919 wird er als Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin aufgenommen. In den folgenden Jahren entstehen zahlreiche Holzschnitte, u.a. zu Goethes "Walpurgisnacht". 1928 erscheint Barlachs Autobiografie "Ein selbsterzähltes Leben".

Ermuntert durch Alfred Flechtheim, wendet sich Barlach ab 1930 mit besonderer Intensität dem Bronzeguss zu. Noch im selben Jahr vereinbaren Galerist und Künstler ein Programm von zwanzig Werken, die nach Modellen aus den Jahren 1907-1930 in Bronze gegossen und im November/Dezember in den Räumen der Galerie in Berlin und Düsseldorf ausgestellt werden, unter ihnen die Skulpturen "Kussgruppe I-III" nach den Gipsentwürfen von 1921. Dabei ist die "Kussgruppe III" ein schönes Beispiel für die blockhaften Figuren und Figurengruppen Barlachs. In einer sich nach oben zuspitzenden Form kommen sich die beiden Liebenden näher. Von den drei Fassungen der "Kussgruppe" ist diese die liebevollste. Während die erste drängender und die zweite widersprüchlicher wirkt, ist hier die Zuneigung noch deutlicher.

Eine umfangreiche Ausstellung seiner plastischen und grafischen Arbeiten ist 1930 in der Preußischen Akademie der Künste in Berlin zu sehen. 1933 wird dem Künstler der Orden Pour le Mérite verliehen. Noch 1935 vollendet Barlach den "Fries der Lauschenden" im Auftrag von Hermann F. Reemtsma und entwirft ein Grabmal für Theodor Däubler. In den kommenden Jahren wird er von den Nationalsozialisten verfemt. 1937 werden seine Werke aus Museen, Kirchen und von öffentlichen Plätzen systematisch entfernt. Heute gilt Ernst Barlach als einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Hervorragende Beispiele seiner expressionistischen Holz- und Bronzefiguren sind im Güstrower Dom, in der Marburger Elisabethkirche und in der Nationalgalerie Berlin zu sehen. Sein Wohn- und Atelierhaus in Güstrow ist heute als Museum zugänglich.




26
Ernst Barlach
Kußgruppe III, 1921.
Bronze
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 15.000

(inkl. Käuferaufgeld)