Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 363

 

363
Fritz Klimsch
In Wind und Sonne, 1936.
Bronze
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 73.200

(inkl. Käuferaufgeld)
In Wind und Sonne. 1936.
Bronze mit graugrüner Patina.
Braun 176. Auf der Plinthe mit dem ligierten Monogramm sowie dem Gießerstempel "H. Noack Berlin". Höhe: 148 cm (58,2 in).

Einer der anmutigsten stehenden Akte des Künstlers.

PROVENIENZ: Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: (wohl jeweils anderes Exemplar)
XI. Olympiade, Berlin 1936. Olymischer Kunstwettbewerb, 15.7.-16.8.1936, Kat.Nr. 138, S. 24 (dort unter dem Titel: "Entspannung").
Weltausstellung, Paris 1937.
Sonderausstellung, Fritz Klimsch. Plastik, Ausstellungsgebäude Tiergartenstrasse 21a, Berlin, 26.3.-4.5.1938, Nr. 10.

LITERATUR: (wohl jeweils anderes Exemplar)
Uli Klimsch, Fritz Klimsch. Die Welt des Bildhauers, Berlin 1938, S. 52, Abb. S. 102/103.
Walter Manggold, Fritz Klimsch, in: Die Kunst für Alle, 55. Jg., 1939-40, S. 108ff. Abb. S. 110.
Egbert Delby, Fritz Klimsch, Berlin 1942, S. 34 (mit Abb.).
Hermann Braun, Fritz Klimsch. Werke, Hannover 1980, Nr. 28, S. 72 (mit Abb. S. 73).

Fritz Klimsch erhält seine Ausbildung an der Königlichen Akademischen Hochschule für die bildenden Künste zu Berlin in der Zeichenklasse bei dem Maler Ernst Hancke und in der Modellierklasse bei Albert Wolff. 1887-1890 ist er Schüler von Fritz Schaper. Schon während des Studiums entstehen erste bedeutende Arbeiten, der junge Bildhauer gewinnt Preise und damit erste Bekanntheit. Auf seiner Hochzeitsreise nach Paris lernt Klimsch die Werke Rodins kennen, die ihn in ihrer großen Lebendigkeit in Form und Ausdruck sehr beeindrucken und nachhaltig beeinflussen. Neben Rodin betrachtet Klimsch Adolf von Hildebrand als den zweiten Paten seiner Kunst, der Rodins Lebendigkeit durch Architektonik und Statik ergänzt und so den Ausgleich schafft, den Klimsch in seiner eigenen Bildhauerei als wichtig empfindet. Mit Max Liebermann und Walter Leistikow gründet der Bildhauer 1898 die Berliner Sezession, auf deren Ausstellungen er zukünftig regelmäßig vertreten ist. Reisen nach Italien und Griechenland prägen seinen Stil. In der Folgezeit ist Klimsch mit Porträtarbeiten, Denk- und Grabmälern sowie Frauenakten außerordentlich erfolgreich. Er fertigt zahlreiche Porträts von Persönlichkeiten des kulturellen und politischen Lebens (u.a. Ludwig Thoma, Lovis Corinth, Max Liebermann, Max Slevogt, Paul von Hindenburg). 1912 wird er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und 1916 Senator derselben. 1921 erhält Fritz Klimsch eine Berufung an die Akademische Hochschule für bildende Künste, wo er 1935 als Leiter des Meisterateliers in den Ruhestand versetzt wird.

Die jugendliche Frauengestalt "In Wind und Sonne" in ihrer festen Körperlichkeit ist eines der Werke von Fritz Klimsch, die weit über das rein Statuarische hinausgehen. Der Verfasser des Werkverzeichnisses, Hermann Braun, beschreibt sie wie folgt: "In kaum einem anderen Werk der dreißiger Jahre sind die sich abstoßenden Pole 'Ruhe' und 'Bewegung' so kunstvoll und überzeugend miteinander verbunden worden[..]. Das zur Seite gewandte Antlitz mit dem wehenden Haaren verrät gleichzeitig Hingabe und Erstaunen über die Mächte des Kosmos. - Dieser Mädchentyp ist gewiss nicht 'nordisch'; eigenartig das Antlitz: Es erscheint lieblich in der Seitenansicht, herb von vorn." (zit. nach: Braun, S. 382). Die edlen Proportionen der Gestalt einer jungen Frau, die sich ganz dem Erleben von Wind und Sonne hingibt, sind den Plastiken von Fritz Klimsch, vor allem denen der dreißiger Jahre immanent. Das Ideal der vollkommenen Frau, die Schönheit und Weiblichkeit in sich vereint, war Diktum und Sinnbild der Zeit. Klimsch hat auf unnachahmliche Weise dieses Ideal kultiviert und mit seinen Plastiken einen künstlerisch bemerkenswerten Beitrag zur Plastik der dreißiger Jahre geschaffen.

Nach Kriegsende lässt sich der Künstler im Schwarzwald nieder, wo er zurückgezogen lebt und nur noch wenige, kleinformatige Werke schafft. Fritz Klimsch erhält 1960 das Große Bundesverdienstkreuz und verstirbt im selben Jahr.




363
Fritz Klimsch
In Wind und Sonne, 1936.
Bronze
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 73.200

(inkl. Käuferaufgeld)