Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 383

 

383
Pablo Picasso
Danaé, 1962.
Farblinolschnitt
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Danaé. 1962.
Farblinolschnitt.
Baer 1286 IV B. a. (von IV B. b.). Bloch 1084. Signiert und nummeriert. In der Platte zweifach datiert "22.1.62" und "25.2.62". Aus einer Auflage von 50 Exemplaren. Auf Velin. 27 x 35 cm (10,6 x 13,7 in). Papier: 44,8 x 52,8 cm (17,6 x 20,7 in).
Gedruckt von Arnéra. Herausgegeben von der Galerie Louise Leiris, Paris 1963. [KP].

PROVENIENZ: Privatsammlung Baden-Württemberg.

Die Neigung zur Kunst wird Pablo Picasso schon von seinem Vater, der Kunstprofessor an der Akademie in Barcelona ist, in die Wiege gelegt. Picassos Gemälde aus den frühen Pariser Jahren zeigen Einflüsse von Toulouse-Lautrec, Daumier und Gauguin. Die Auseinandersetzung mit Jugendstil und Symbolismus führen Picasso zum Stil seiner "Blauen Periode", in der der elende, magere, leicht anämische Mensch zum Bildthema wird. Es dominiert der Pessimismus der Fin-de-Siècle-Stimmung. Anders zeigt sich die folgende "Rosa Periode", die im Umfeld eines innovativen Künstlerkreises in Paris zu neuen Ausdrucksformen führt. Arbeiten in zarten Pastelltönen entstehen, die oftmals Szenen aus der Zirkuswelt zeigen. Die "Demoiselles d'Avignon" aus dem Jahr 1907 markieren den Auftakt zu seiner kubistischen Periode, mit der er den klassischen Formenkanon sprengt. Die von 1909 bis 1912 entstandenen Werke zählt man zum analytischen Kubismus: die Bildoberfläche wird in rhythmisch geordnete Flächenteile zergliedert. Nach einer realistischen Phase um 1915 und der Beschäftigung mit dem Ballett Diaghilews 1917 gelangt Picasso zu einem neoklassizistischen Stil. Einen weiteren Wendepunkt markiert das 1937 entstandene Werk "Guernica": Es entsteht als Auftragswerk für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung und kritisiert damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Luftangriffe der Franco-freundlichen deutschen Legion Condor während des spanischen Bürgerkriegs auf das baskische Dorf Guernica. Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht sich Picasso nach Südfrankreich zurück und beginnt um die Mitte der vierziger Jahre mit der Gestaltung und Bemalung von Keramiken; dazu entsteht ein Großteil seiner grafischen Arbeiten.

Wenn Picasso eine grafische Technik neu für sich entdeckte, dann schöpfte er alle Möglichkeiten aus, die sie ihm bot. Der Linolschnitt ist ein gutes Beispiel dafür. Von Künstlern am Anfang des 20. Jahrhunderts bevorzugt, griff Picasso die fast in Vergessenheit geratene Technik wieder auf und entwickelte mit ihr einen bemerkenswerten künstlerischen Beitrag innerhalb seines grafischen Œuvres. Mit der hier angebotenen Schilderung der Schlüsselszene des griechischen Mythos zeigt sich Picasso einmal mehr als Meister der unmittelbaren Darstellung des nackten Körpers, den er in gelber Farbe hervorhebt und mit üppigen Formen als Abbild der Sinnlichkeit akzentuiert. Über diesen erotischen Impetus hinaus gelingt Picasso ein genialer Kunstgriff, indem er Zeus, eine weitere Schlüsselfigur des Mythos, als gleichsam spiegelbildlichen Gegenpart zu Danaé in roter Gestalt positioniert und so zugleich einen Schlüssel zum Verständnis des Bildthemas liefert: Denn die kinderlose Danae, vom Vater in ein Verlies gesperrt, empfängt Perseus, indem Zeus listigerweise in Form eines Goldregens in ihren Schoß fällt. Der zweifache Zwang - die Gefangenschaft sowie die Überwältigung durch den transformierten Zeus - stellt Picasso sinnfällig durch die schwarzen, die Szene überlagernden Balken dar.

Picassos künstlerischer Ruhm ebbt auch in den Folgejahren nicht ab, sondern wird im Gegenteil nur noch größer. Er gilt als Inbegriff des modernen Künstlers, der stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen ist. Sein gewaltiges Œuvre ist widerspruchsvoll, sprengt alle akademischen Fesseln und bricht der Freiheit der Kunst in unserem Jahrhundert Bahn. Er stirbt 1973 in Mougins.




383
Pablo Picasso
Danaé, 1962.
Farblinolschnitt
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)