Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 311

 

311
Erma Bossi
Stillleben mit Blumenvase und Äpfeln, Um 1910.
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 48.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Stillleben mit Blumenvase und Äpfeln. Um 1910.
Öl auf leinwandkaschierter Holzfaserplatte.
Rechts unten signiert. 39,7 x 30 cm (15,6 x 11,8 in). [EH].

PROVENIENZ: Notarshuis Arnhem (ca. 1984)
Privatsammlung Niederlande.

Im Jahr 1875 kommt Erma Bossi, eine bedeutende, wiederentdeckte Vertreterin der Moderne, in Pula (Kroatien) zur Welt. Ihre Kindheit verlebt sie in Triest. Möglicherweise bereits 1904 zieht es sie nach München, wo sie wahrscheinlich in der "Damenakademie des Künstlerinnenvereins" die Malerei erlernt. Erma Bossi kommt bald in Kontakt mit den Künstlern des späteren "Blauen Reiters". Sie ist schon im Sommer 1908 gemeinsam mit Münter, Kandinsky, Jawlensky und Werefkin in Murnau, wo innerhalb weniger Wochen die Landschaftsmalerei revolutioniert werden sollte. 1909 wird Erma Bossi Mitglied in der richtungsweisenden "Neuen Künstlervereinigung München" (NKVM), der eigentlichen Keimzelle des "Blauen Reiters". Im Jahr 1911 übersiedelt Bossi, die zwischen 1911 und 1920 als Erma Barrera-Bossi zeichnet und damit den Namen ihres Lebensgefährten Carlo Barrera trägt, nach Paris. Erma Bossi wird in den Vorkriegsjahren zu einer bedeutenden Malerin der Moderne, die mit der Avantgarde in engem Austausch steht. Sie zeigt ihre Werke auf den epochemachenden Schauen der "NKVM" und setzt sich mit den bahnbrechenden Ideen von Kandinsky und Münter ebenso auseinander wie mit den Malern der französischen Moderne, etwa Matisse, Seurat und Derain. Auch Erma Bossi sucht nach der Vereinfachung ihrer Motive, lässt das Gegenständliche zunehmend hinter Farbe und Form zurücktreten.

Um 1910 widmet sich Erma Bossi, ebenso wie ihre Freundin Gabriele Münter, immer wieder dem Blumenstillleben. Auf diesem Feld erlangt sie große Meisterschaft. Das bezeugt auch unser virtuoses Gemälde: Der verdunkelte Hintergrund, wie ihn zeitgleich auch Münter in ihren Stillleben bevorzugt, bringt rotglühend die zarten Blüten zum Leuchten; der dynamische Pinselstrich betont den höchst modernen Diagonaldrang der Komposition. Nicht zuletzt erlangen die Farbflächen im unteren Drittel des Bildes, wo sich die gerundete Tischplatte mit Tüchern, Äpfeln und der bauchigen Vase trifft, eine vom Motiv unabhängige Eigenwertigkeit. An dieser Stelle wird Bossis künstlerische Begabung besonders augenscheinlich.

Mit dem Kriegsausbruch 1914 kehrt Erma Bossi mutmaßlich nach Italien zurück. In Mailand beteiligt sie sich an zahlreichen Ausstellungsprojekten und bleibt eine umtriebige Künstlerin. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahren nimmt sie auch an Schauen des berühmten "Novecento" in Mailand teil. Die große Wiederentdeckung ihres Oeuvres erfolgt 2013 mit einer umfassenden Ausstellung im Schlossmuseum Murnau. Bossis Werke finden sich heute in so renommierten Museen wie der Münchner Pinakothek der Moderne, der Kunsthalle Bremen oder der Kunsthalle Emden.Erma Bossi verstirbt im Jahr 1952 in einem katholischen Pflegeheim in Cesano Boscone. In Mailand wird die Künstlerin beerdigt.




311
Erma Bossi
Stillleben mit Blumenvase und Äpfeln, Um 1910.
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 48.750

(inkl. Käuferaufgeld)