Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 346

 

346
Lyonel Feininger
Nermsdorf, 1934.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Nermsdorf. 1934.
Tuschfederzeichnung.
Links unten signiert, rechts unten datiert und mittig unten betitelt. Auf bräunlichem Velin. 23,2 x 35,8 cm (9,1 x 14 in), Blattgröße.

Das Werk ist im Archiv des Lyonel Feininger Project LLC, New York - Berlin, unter der Nummer 1222-08-22-13 registriert.
Wir danken Herrn Achim Moeller für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Achim Moeller Fine Art. Ltd. New York.
Leinster Fine Art, London (bis 1988).

AUSSTELLUNG: Lyonel Feininger: Visions of City and Sea II: A Small Retrospective Exhibition of Drawings and Watercolors, Achim Moeller Fine Art, New York, Winter 1985–1986, Nr. 35.

Lyonel Feininger wird am 17. Juli 1871 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Konzertgeigers und einer Sängerin und Pianistin geboren. 1887 folgt Feininger seinen Eltern nach Europa und besucht zunächst die Zeichen- und Malklasse der Hamburger Gewerbeschule, dann von 1888 bis 1892 ist er an der Königlichen Kunst-Akademie in Berlin. Ein einjähriger Besuch der privaten Kunstschule des italienischen Bildhauers Filippo Colarossi in Paris folgt. 1893 kehrt Feininger nach Berlin zurück, wo er bis 1906 u.a. als Illustrator arbeitet. Die folgenden zwei Jahre hält sich Feininger in Paris auf und macht dort die Bekanntschaft mit dem "Café du Dôme"-Kreis der deutschen Matisse-Schüler, zudem lernt er Robert Delaunay kennen. 1909 wird Lyonel Feininger Mitglied der Berliner Sezession. Anlässlich seiner Ausstellung im "Salon des Indépendants" reist der Künstler 1911 nach Paris, wo er mit dem Kubismus in Berührung kommt. Durch die Bekanntschaft mit Alfred Kubin und den "Brücke"-Malern Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel 1912 eröffnen sich für sein Werk neue Dimensionen. Erste Architekturkompositionen mit der für Feininger typischen kubistischen Zersplitterung entstehen. Auf Einladung von Franz Marc nimmt Feininger 1913 am "Ersten Deutschen Herbstsalon" in der "Sturm"-Galerie von Herwarth Walden in Berlin teil, wo auch 1917 seine erste Einzelausstellung stattfindet. 1919 wird er von Walter Gropius ans Bauhaus in Weimar berufen, wo er bis 1926 Grafik und Malerei unterrichtet. Mit Wassily Kandinsky, Paul Klee und Alexej von Jawlensky gründet Feininger 1924 die Gruppe "Die Blaue Vier". Eine erste umfangreiche Retrospektive findet 1931 im Kronprinzen-Palais in Berlin statt, wohin er 1933 übersiedelt. Die Zeit nach der Auflösung des Bauhauses ist für den Künstler außerordentlich schwierig. Es entstehen nur wenige Gemälde.

Die Zeichnungen der Zeit sind bestimmt von feinen, parallelen, schwarzen Strichen, aus denen Flächen geformt werden, welche den Raum interpretieren. Fast futuristisch anmutend wird in der Zeichnung "Nermsdorf" die Silhouette des thüringischen Ortes aufgelöst. Das Hauptinteresse Feiningers gilt der Kirche, die er schon früher gemalt hat. Mit feinem Strich seziert er das Gesehene, zerlegt es in prismatisch gebrochene Formen, die er in einen offenen Bildraum setzt. Mit wenigen unterbrochenen Strichen gibt er Licht, Himmel und Wolken an. Die meisterliche Fähigkeit den Bildgegenstand zu zersprengen und dennoch ein ruhiges Gefüge zu schaffen eignet auch dieser Zeichnung Lyonel Feiningers.

1937 emigriert Lyonel Feininger nach New York. Im selben Jahr werden in Deutschland über 400 seiner Arbeiten von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Der künstlerische Durchbruch in den USA gelingt Feininger erst 1944 durch eine Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art. 1945 leitet er einen Sommerkurs am Black Mountain College in North Carolina, wo er mit Gropius und Einstein zusammentrifft. Feiningers Unterricht, seine Schriften und seine späten Aquarelle werden in den Vereinigten Staaten richtungsweisend für die Entstehung der Malerei des Abstrakten Expressionismus. [EH].




346
Lyonel Feininger
Nermsdorf, 1934.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)