Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 119

 

119
Salvador Dalí
Nu debout aux Fenêtres, 1937.
Tuschfeder
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 18.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Nu debout aux Fenêtres. Um 1937.
Tuschfeder und Bleistift.
Auf Velin. 25,2 x 19,5 cm (9,9 x 7,6 in), Blattgröße.
Es handelt sich um ein Blatt aus einem Skizzenbuch. Verso mit Figurenstudien in Bleistift, dort mit der handschriftlichen Nummerierung "22".

Mit einer Foto-Bestätigung von Nicolas R. Descharnes, Robert P. Descharnes und Olivier M. Descharnes, Archives Descharnes, Azay-le-Rideau, vom 2. Oktober 2013. Die Arbeit ist dort unter der Archiv-Nummer "d 5036" verzeichnet.

PROVENIENZ: Sammlung Georges Hugnet, Paris.
Sammlung Daniel Filipacchi, Paris.

Salvador Felipe Jacinto Dalí y Domenech besucht bereits als Vierzehnjähriger Malkurse an der städtischen Kunstschule in seiner Heimatstadt Figueras. Seit 1921 studiert er an der Kunstakademie Madrid, lernt dort Vertreter der künstlerischen Avantgarde wie Luis Buñuel und Federico Garcia Lorca kennen und gerät zunehmend unter den Einfluss der Pittura metafisica von Giorgio de Chirico und Carlo Carrà. Von der Akademie verwiesen, beschäftigt sich Dalí ab 1926 verstärkt mit dem italienischen Futurismus und geht 1928 nach Paris, wo er mit der surrealistischen Bewegung um André Breton in Berührung kommt. Seine erste Ausstellung in Paris in der Galerie Goemans 1929 wird ein großer Erfolg. Den Schritt in die amerikanische Öffentlichkeit unternimmt Dalí, als er an der Ausstellung "Surrealist Paintings, Drawings and Photographs" in der Julien Levy Gallery in New York teilnimmt. 1934 kommt es zum Bruch mit der surrealistischen Gruppe um Breton. Die folgenden Jahre verbringt Dalí in New York.

Die hier vorliegende Zeichnung entstammt einem Skizzenbuch. Das Motiv ist daher als erste und ureigenste Idee, als ursprünglichste Umsetzung der überbordenden künstlerischen Fantasie Dalís zu bewerten. Signifikant ist die frühe Verwendung des Fenstermotives, das sich häufig in Dalís Werken wiederfinden lässt: Das Bildzeichen der Öffnung des Körpers ist, wie es auch die berühmten Schubladen markieren, zu einem wesentlichen Charakteristikum in der Kunst Dalís geworden und ist im übertragenen Sinne ein Blick in andere Welten, in die Seele anderer Figuren. In unserer Zeichnung bringt Dalí ein Wesen zu Papier, das sich vordergründig im Hinblick auf die Proportionen als Frau zu erkennen gibt, in den Öffnungen der Fenster jedoch männliche Geschlechtsmerkmale offenbart und darüber hinaus ein maskenhaftes Gesicht trägt. Dalí gelingt damit eine faszinierend changierende Charakterisierung seines dargestellten Wesens, das den Betrachter zur Hinterfragung tradierter Identitätsentwürfe einlädt.

In New York wird nur wenige Jahre nach Entstehung unseres Blattes 1941 die erste große Dalí-Retrospektive gezeigt. Erst 1948 kehrt der Künstler nach Spanien zurück. Das dort entstandene Spätwerk zeigt zunehmend religiös-mystische Versatzstücke, die Dalí, der sich zu dieser Zeit intensiv mit physikalischen Theorien auseinandersetzt, mit Elementen aus der Wissenschaft verknüpft. Ende der 1950er erhebt der Künstler die "Provokation zum prophetischen System" und zelebriert dieses Prinzip in zahlreichen Happenings, die in den 1960er Jahren großes Aufsehen erregen. Anfang der 1980er Jahre erkrankt, verbringt Dalí die letzten Jahre seines Lebens zurückgezogen von der Öffentlichkeit. Er stirbt am 23. Januar 1989 und wird - seinem Wunsch gemäß - in der Krypta seines Theater-Museums in Figueras beigesetzt. [SM/KP].




119
Salvador Dalí
Nu debout aux Fenêtres, 1937.
Tuschfeder
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 18.750

(inkl. Käuferaufgeld)