Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 359

 

359
George Grosz
Presseball in Berlin, 1928.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 91.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Presseball in Berlin. 1928.
Aquarell.
Links unten signiert und betitelt. Rückseitig mit dem Namens- und Adressstempel "George Grosz Berlin-Wilm. Nr.201 Hohenzollerndamm". Auf festem Velin. 61 x 49,3 cm (24 x 19,4 in), Blattgröße.

Mit einer Fotoexpertise von Ralf Jensch, Rom, vom 5.12.2013.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Berliner Sezession, Berlin Juni-September 1928.

George Grosz - 1893 als Georg Ehrenfried Groß in Berlin geboren - wächst in der pommerschen Stadt Stolp auf, deren architektonische Ansichten er in Studien bereits 1907/08 festhält. Der Zeichenlehrer erkennt die Begabung und bereitet das junge Talent auf den Eintritt in die Königliche Kunstakademie Dresden vor. Nach einem zweijährigen Studium erhält Grosz dort 1911 das abschließende Ehrenzeugnis. Im Anschluss wird er an der Kunstgewerbeschule in Berlin Schüler von Emil Orlik. Erstmals tauchen in Skizzenbüchern die für Grosz typischen Straßen- und Caféhaus-Szenen auf. 1913 verbringt der Künstler einige Monate in Paris, wo er in der Malschule Colarossi zeichnet. 1914 und 1917 leistet Grosz jeweils für kurze Zeit Kriegsdienst, wird aber schließlich als dienstunbrauchbar entlassen. In diesen Jahren erscheinen bereits in verschiedenen Zeitschriften literarische Beiträge und Zeichnungen des Künstlers, die Grosz in der Kunstwelt bekannt machen. Als Illustrator arbeitet er in den zwanziger Jahren für den "Ulk", die "Lustigen Blätter", für Flechtheims "Querschnitt", die kommunistische satirische Wochenschrift "Der Knüppel" und von 1926 bis 1932 für den "Simplicissimus". Unter Grosz' wesentlicher Mitarbeit erscheinen darüber hinaus mehrere Zeitschriften wie z.B. 1919 in Berlin "Die Pleite", "Der Gegner" und "Der blutige Ernst". In diesem Jahr veranstalten Grosz, Hausmann und Heartfield zusammen die erste Berliner Dada-Messe. Eine dort gezeigte Mappe mit dem Titel "Gott mit uns" bringt Grosz einen Prozess wegen Beleidigung der Reichswehr ein. Eine weitere Anklage erfolgt 1923 wegen "Angriffs auf die öffentliche Moral" in der Folge "Ecce Homo". 1928 kommt es zu einem dritten Prozess, in dem Grosz in der Folge "Hintergrund" Gotteslästerung vorgeworfen wird.

Das vorliegende Blatt entsteht zu einer Zeit, als die Illusion einer wiederbelebten und stabilen Wirtschaft, verbunden mit einer Rückkehr zur Prosperität noch aufrechterhalten werden kann. George Grosz interessiert sich für die ausufernde Vergnügungssucht der Wohlstandsgesellschaft Berlins. Der Presseball ist schon damals eines der wichtigsten Ereignisse der "feinen Gesellschaft". Sorgfältig sind alle Utensilien der "feinen Leute" aufgezählt, Perlenkette, Zigarre und Frack; ordenbehangenes Militär schreitet neben mondänen Damen im Charlestonkleid über den roten Teppich. Die Zeichnungen von George Grosz aus dieser Zeit sind neben ihrer souveränen künstlerischen Beherrschung der Strichführung auch Zustandsbeschreibungen einer Gesellschaft am Rande des Abgrundes.

1932 hält sich Grosz als Gastdozent an der Kunstschule Art Students League in New York auf, bevor er 1933 endgültig dorthin übersiedelt. An dieser Schule unterrichtet er bis 1955, eröffnet aber daneben mit Maurice Sterne eine eigene Kunstschule. 1937 werden insgesamt 285 Werke von Grosz aus deutschen Museen entfernt, einige Arbeiten sind in der Ausstellung "Entartete Kunst" zu sehen. Grosz wird von den Nationalsozialisten ausgebürgert und erhält daraufhin die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ein erster längerer Aufenthalt in Deutschland erfolgt erst wieder im Jahr 1954, die endgültige Rückkehr nach Berlin findet 1959, dem Todesjahr des Künstlers, statt. [EH].




359
George Grosz
Presseball in Berlin, 1928.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 91.500

(inkl. Käuferaufgeld)