Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 98

 

98
Pablo Picasso
Jaqueline au chapeau noir, 1962.
Farblinolschnitt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 61.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Jaqueline au chapeau noir. 1962.
Farblinolschnitt.
Baer 1311/III B b (von b). Bloch 1028. Signiert. In der Druckform datiert. Von fremder Hand bezeichnet "épreuve d'artiste". Eines von 8 signierten Exemplaren von ca. 35 Künstlerexemplaren außerhalb der Auflage von 50 Exemplaren. Auf Velin von Arches (mit Wasserzeichen). 64 x 53 cm (25,1 x 20,8 in). Papier: 75 x 62,5 cm (29,5 x 24,6 in).
Herausgegeben von der Galerie Louise Leiris, Paris 1963.

Die Neigung zur Kunst wird Pablo Picasso schon von seinem Vater, der Kunstprofessor an der Akademie in Barcelona ist, in die Wiege gelegt. Picassos Gemälde aus den frühen Pariser Jahren zeigen Einflüsse von Toulouse-Lautrec, Daumier und Gauguin. Die Auseinandersetzung mit Jugendstil und Symbolismus führen Picasso zum Stil seiner "Blauen Periode", in der der elende, magere, leicht anämische Mensch zum Bildthema wird. Es dominiert der Pessimismus der Fin-de-Siècle-Stimmung. Anders zeigt sich die folgende "Rosa Periode", die im Umfeld eines innovativen Künstlerkreises in Paris zu neuen Ausdrucksformen führt. Arbeiten in zarten Pastelltönen entstehen, die oftmals Szenen aus der Zirkuswelt zeigen. Die "Demoiselles d'Avignon" aus dem Jahr 1907 markieren den Auftakt zu seiner kubistischen Periode, mit der er den klassischen Formenkanon sprengt. Die von 1909 bis 1912 entstandenen Werke zählt man zum analytischen Kubismus: die Bildoberfläche wird in rhythmisch geordnete Flächenteile zergliedert. Ab 1912 bindet Picasso außerdem konkrete Objekte ein und es entstehen erste Collagen. Nach einer realistischen Phase um 1915 und der Beschäftigung mit dem Ballett Diaghilews 1917 gelangt Picasso zu einem neoklassizistischen Stil. Fünf Jahre später stößt er durch seine Auseinandersetzung mit dem Surrealismus abermals in neue Ausdrucksbereiche vor. Den nächsten Wendepunkt markiert das 1937 entstandene Werk "Guernica". Es entsteht als Auftragswerk für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung und kritisiert damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Luftangriffe der Franco-freundlichen deutschen Legion Condor während des spanischen Bürgerkriegs auf das baskische Dorf Guernica. Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht sich Picasso nach Südfrankreich zurück und beginnt um die Mitte der vierziger Jahre mit der Gestaltung und Bemalung von Keramiken; dazu entsteht ein Großteil seiner grafischen Arbeiten: Zeichnungen, Lithografien, Radierungen und Linolschnitte. Er erarbeitet zahlreiche Zyklen, in denen er Motive seiner eigenen früheren Bilderwelt mit historischen Vorbildern von Delacroix, Velázques und Manet kombiniert.

Wenn Picasso eine graphische Technik neu für sich entdeckte, dann schöpfte er alle Möglichkeiten aus, die sie ihm bot. Der Linolschnitt ist ein gutes Beispiel dafür. Ursprünglich als Ersatz für das spröde Holz gedacht, das sich nur schwer schneiden ließ, wurde das Linoleum als leichter zu bearbeitende Druckplatte von einigen Künstlern am Anfang des 20. Jahrhunderts bevorzugt, ohne jedoch in besonderer Weise künstlerisch zu reussieren. Picasso griff die fast vergessene Technik wieder auf und entwickelte mit ihr einen bemerkenswerten künstlerischen Beitrag, der weder in seiner technischen Originalität noch in seiner kompositorischen Anlage einen Vergleich mit dem übrigen graphischen Œuvre des Künstlers zu scheuen braucht. Im Gegenteil. Picasso eröffnet mit seinen Linolschnitten der europäischen Graphik des zwanzigsnten Jahrhunderts einen Weg der Neuerung, den er allerdings fast allein beschritt. Die vielen Variationen des Porträts seiner Frau Jacqueline, sind ein beredtes Zeugnis der intensiven Beschäftigung mit dieser Technik, die Picasso in allen ihren Facetten ausschöpfte. Eine von anderen Künstlern oft bemängelte glatte Druckfläche der Linoleumplatte, wird von Picasso bewusst einer Komposition unterworfen, die sie noch betont, statt sie zu durch ein zu reiches Binnenleben optisch zu eliminieren. So entsteht ein einzigartiges Œuvre meist farbiger Druckgraphik von mehreren Linolplatten, das solitär dem Ingenium Picassos zugeordnet werden muss.

Picasso gilt als Inbegriff des modernen Künstlers, der stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen ist. Sein gewaltiges Œuvre ist widerspruchsvoll, sprengt alle akademischen Fesseln und bricht der Freiheit der Kunst in unserem Jahrhundert Bahn. 1973 stirbt Picasso in Mougins. [KD].




98
Pablo Picasso
Jaqueline au chapeau noir, 1962.
Farblinolschnitt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 61.000

(inkl. Käuferaufgeld)