Auktion: 400 / Moderne Kunst am 08.12.2012 in München Lot 43

 

43
Emil Nolde
Blumenstillleben mit Astern, Mohn und Rittersporn, 1950.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 140.300

(inkl. Käuferaufgeld)
Blumenstillleben mit Astern, Mohn und Rittersporn. Zwischen 1950-1956.
Aquarell und Tempera.
Im rechten Rand signiert. Verso bezeichnet "IX". Auf Japan. 23,8 x 34,1 cm (9,3 x 13,4 in).

Mit einer Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 8. März 2005.

PROVENIENZ: Privatsammlung Berlin.
Privatsammlung Schweiz.

AUSSTELLUNG: Klassiker der Jungen Kunst. Aquarelle-Bilder-Graphik, Galerie Meta Nierendorf, Berlin, 29.6.-10.9.1959, Faltblatt-Nr. 76. (mit Abb.).

Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken, ehe er 1892 am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen erhält, die er bis 1898 innehat. Hier entstehen kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen erste farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als Nolde 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend. 1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der "Berliner Sezession" ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die "Neue Sezession", an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt. Weniger vom Berliner Großstadtleben, das er in einigen expressiven Bildern festhält, als vom Primitivismus fasziniert, malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren und Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift.

Vor allem in seinen letzten Lebensjahren kommt Nolde immer wieder auf eines seiner frühen Motive, das Blumenstillleben, zurück. An diesen Blättern fasziniert die gleichsam traumwandlerische Sicherheit, mit der Emil Nolde seine Blumenaquarelle schuf. Insbesondere, jedoch nicht allein, ist es die ungewöhnliche, fast magische Farbwelt, die den geheimen Zauber dieser Blätter ausmacht. Darüber hinaus ist es außerdem die Komposition als solche, die wesentlich zu dem intensiven Gesamteindruck beiträgt. Die spezielle Technik des Nass-in-Nass-Malens, die Nolde in diesen Werken perfektioniert, ist hier in seinem Spätwerk ergänzt durch den Einsatz von Tempera-Farben, die der Künstler als besonders lichtecht empfindet, wodurch sich ein überaus reizvolles Wechselspiel zwischen lasierenden und kräftig deckenden Bildpassagen ergibt, das in dem hier vorliegenden Blatt insbesondere die Astern- und Mohnblüten ausdrucksstark akzentuiert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Blumenstillleben, die nur einen relativ kleinen Teil im Gesamtwerk einnehmen, mit ihrem zugleich farbintensiv leuchtenden und feinsinnig sanft abgestimmten Kolorit und ihren besonders reizvollen Blütenarrangements heute eine besonders gefragte Motivgruppe im Œuvre des Künstlers sind.

Emil Nolde stirbt 1956 in Seebüll. [SM/KP].




43
Emil Nolde
Blumenstillleben mit Astern, Mohn und Rittersporn, 1950.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 140.300

(inkl. Käuferaufgeld)