Auktion: 374 / Moderne Kunst am 04.12.2010 in München Lot 55

 
Emil Nolde - Marschlandschaft


55
Emil Nolde
Marschlandschaft, 1935.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 70.760

(inkl. Käuferaufgeld)
Aquarell
Rechts unten signiert. Auf Japan, im Rand verso fest auf Unterlagekarton montiert. 13,7 x 14,9 cm (5,3 x 5,8 in), blattgroßUnterlagekarton: 23,3 x 24,5 cm (9,1 x 9,6 in).

Mit einer Fotoexpertise von Dr. Martin Urban, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 30. Mai 1966.

PROVENIENZ: Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als Nolde 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend. 1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der "Berliner Sezession" ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die "Neue Sezession", an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt. Weniger vom Berliner Großstadtleben als vielmehr vom Primitivismus fasziniert, malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren und Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets.

Selbst im kleinen Format erweist sich Emil Nolde als genialer Meister der Komposition. Eine scheinbar ereignislose Landschaft, wie die der Marschen im Norden, wird farblich spektakulär aufgeladen und gewinnt so an ungewohnter Monumentalität. Der fast strenge Parallelismus der Komposition wird mittels farbiger Schichtungen zu räumlicher Distanz erweitert und verdichtet sich so zu einer Bildaussage, die weit über das momentan Erfasste hinausgeht. Die Abstraktion der Bildaussage ist nur scheinbar. Nolde wird von Stimmungen geleitet, die er spontan arbeitend verwirklicht.

Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Emil Nolde 1956 stirbt. [KD].




55
Emil Nolde
Marschlandschaft, 1935.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 70.760

(inkl. Käuferaufgeld)