Auktion: 368 / Moderne Kunst am 12.06.2010 in München Lot 37

 
Gabriele Münter - Beim Malen (wohl Marianne von Werefkin)


37
Gabriele Münter
Beim Malen (wohl Marianne von Werefkin), 1911.
Öl auf Malpappe
Schätzung:
€ 270.000
Ergebnis:
€ 366.000

(inkl. Käuferaufgeld)

Öl auf Malpappe, auf leinwandkaschierter Malpappe aufgezogen
Verso mit dem Nachlassstempel der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, sowie mit einem Etikett der Stiftung mit der Bezeichnung "P 270". 69,4 x 48,3 cm (27,3 x 19 in)

Mit einem Bestätigungsschreiben der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, vom 11. September 1984.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass der Künstlerin.
Franz Resch, Gauting (seit 1972).
Privatbesitz Hessen.
Privatsammlung Deutschland.

Den ersten Unterricht erhält Gabriele Münter 1897 an der Düsseldorfer Damen-Kunstschule, die weitere Ausbildung im Künstlerinnen-Verein als Schülerin von M. Dasio und A. Jank. Anschließend geht sie nach München und besucht dort die Privatkunstschule "Phalanx"; Leiter der Schule ist Wassily Kandinsky. Seit 1903 ist sie mit ihm in einer Lebensgemeinschaft verbunden. Sie unternehmen viele Reisen u.a. nach Holland, Italien und Frankreich, wo sie Rousseau und Matisse kennenlernen. Stilistisch distanziert sich Münter nun vom Impressionismus und lässt in ihrem Werk Einflüsse der Fauves und der Expressionisten erkennen. 1908 bezieht sie mit Kandinsky eine gemeinsame Wohnung in München. Mit Klee, Marc, Macke, Jawlensky und Marianne von Werefkin pflegen die beiden regen Kontakt. Für eine produktive künstlerische Zusammenarbeit ist das von Gabriele Münter gekaufte Landhaus in Murnau die richtige Umgebung. Anfang 1909 wird die "Neue Künstlervereinigung München" gegründet.

Gabriele Münter und Wassily Kandinsky arbeiten in den Jahren 1908/09 in Murnau mehrfach mit Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky zusammen. Prägend für die Künstler sind das klare Licht des Alpenvorlandes und die bisweilen unwirklich scheinenden Farbkontraste. Leuchtende Farbe, ein befreiter und spontaner Pinselduktus sind die Folge. Gabriele Münter, die sich nie zur totalen Abstraktion entschließen kann, sucht in der Vereinfachung der Bildaussage ihr künstlerisches Credo. Die hier Dargestellte könnte ihre Malerkollegin Marianne von Werefkin sein, die ebenfalls Mitglied der "Neuen Künstlervereinigung München" ist. Münter vermeidet in dem Porträt alles Erzählerische und reduziert zugunsten einer stringenten Wirkung der Farben alle Formen auf schwarz umrandete Flächen, die in ihrer strengen Geometrie die Farben umso stärker wirken lassen. Das dynamische Rot des Kleides unterstreicht eine energische Körperhaltung, die nahezu frei von jeder Binnenzeichnung ist und - nach allem was wir von ihr wissen - Marianne von Werefkin zu eigen ist. Ähnlich sind die weiteren Bildelemente komponiert. Münter geht hier an die äußerste Grenze der von ihr vertretenen Abstraktion. Erfahrungen aus ihrer Beschäftigung mit der in bäuerlicher Tradition wurzelnden Hinterglasmalerei und der Grafik, vor allem dem Holzschnitt, sind präsent und werden nun ins große Format übertragen. Etwa zur gleichen Zeit entsteht mit "Kandinsky und Erma Bossi am Tisch" (1912) eines der wichtigsten Werke aus dieser Schaffensperiode, in deren künstlerischer und geistiger Vorbereitung unser Bild zu sehen ist.

Zwei Jahre lang ist Gabriele Münter Mitglied in der "Neuen Künstlervereinigung München". Im Jahr 1911 tritt sie der von Kandinsky und Marc gegründeten Redaktion "Blauer Reiter" bei. Mit Interesse verfolgt Gabriele Münter Kandinskys abstrakte Bilder, bleibt jedoch selbst bei der figurativen Malerei. Ihre Landschaften, Figurenszenen und Porträts zeigen eine Reduktion auf das Wesentliche mit Hang zur humorvollen Charakterisierung. Mit Kriegsausbruch gehen Münter und Kandinsky zunächst in die Schweiz, ein Jahr später (1915) entscheidet sich die Malerin für Stockholm, wo es zur Trennung von Kandinsky kommt. Im Spätherbst 1917 übersiedelt sie nach Kopenhagen. Die 1920er Jahre sind geprägt von vielen Reisen und Aufenthalten in München, Murnau, Köln und Berlin. Durch den Bruch mit Kandinsky in eine tiefe Schaffenskrise geworfen, blüht ihre Malerei erst in den 1930er Jahren neu auf. Ab 1931 lebt Münter ständig in München und Murnau. Im Jahr 1956 erhält sie den Kulturpreis der Stadt München, 1960 findet die erste Ausstellung Münters in den USA statt, gefolgt 1961 von einer großen Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Die Künstlerin stirbt am 19. Mai 1962 in ihrem Haus in Murnau. [EH].




37
Gabriele Münter
Beim Malen (wohl Marianne von Werefkin), 1911.
Öl auf Malpappe
Schätzung:
€ 270.000
Ergebnis:
€ 366.000

(inkl. Käuferaufgeld)