Auktion: 342 / Modern Art / Seitenwege am 03.12.2008 in München Lot 233

 
Emil Nolde - Landschaft


233
Emil Nolde
Landschaft, 1909.
Öl auf Rupfen
Schätzung:
€ 800.000
Ergebnis:
€ 900.000

(inkl. Käuferaufgeld)

Landschaft. 1909.
Öl auf Rupfen.
Urban 301. Rechts unten signiert. Auf dem Keilrahmen nochmals signiert und betitelt "Landschaft". 65,5 : 83 cm (25,7 : 32,6 in). Emil Hansen, der später den Namen seines Heimatortes Nolde annimmt, absolviert zunächst eine Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer. 1892 erhält er eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen am Gewerbemuseum in St. Gallen. 1898 geht Nolde mit dem Entschluss, Maler zu werden, nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1903 lässt sich der Maler auf der Ostsee-Insel Alsen nieder. Durch die Auseinandersetzung mit der Kunst Vincent van Goghs, Edvard Munchs und James Ensors gelangt Nolde ab 1905 zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt. 1906 lernt er die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt.

Unser Bild stammt aus einer von Noldes produktivsten Schaffensphasen. Jährlich entstehen 50 bis 80 Gemälde, daneben zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen. Der Maler ist sich seiner künstlerischen Mittel sicher und handhabt sie virtuos. Zu Beginn des Jahres 1909 verlässt Nolde sein Fischerhaus auf der Insel Alsen. Von der idyllischen Ostseeküste zieht es ihn zur herberen Landschaft der Westküste, wo er sich im Dorf Ruttebüll, unweit der Nordseeküste, niederlässt. Dieser Landstrich, dessen Reize sich nicht auf den ersten Blick erschließen, ist der ideale Ausgangspunkt für die von Nolde erstrebte Kommunikation zwischen "Maler, Wirklichkeit und Bild". Trotz vertrauter Gegenstandsbezüge wie Grasbüschel, Meer und Horizontlinie ist unser Bild keine Kopie der Natur, keine abbildende Schilderung eines Naturphänomens, sondern ein über die Wirklichkeit hinaus gesteigertes Bild der Natur. In der freien Führung der Farben, die sich teppichartig zu einer vibrierenden Fläche ausbreiten und durch die sichtbar bleibende Bewegung des Pinsels geordnet werden, generiert Nolde eine ganz neue, eine intensiv glühende "Seelenlandschaft", die auch ein Bild seiner selbst ist.

Emil Nolde nimmt 1913 an einer Südsee-Expedition teil, die er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. In der Zeit des Nationalsozialismus als Künstler verfemt und seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", Aquarelle, die er nach 1945 in Ölbildern wieder aufgreift. Nolde verstirbt am 13. April 1956 in seinem Haus in Seebüll. [KR]

PROVENIENZ: Privatsammlung Hamburg (1909 direkt vom Künstler erworben und seitdem in Familienbesitz, auf dem Keilrahmen mit einem alten Etikett).
AUSSTELLUNG: Werke neuerer Kunst aus Hamburger Privatbesitz, Hamburger Kunsthalle 1917, Kat.Nr. 88.
Rohlfs, Nolde, Barlach, Kunstverein Kiel, 1920, Kat.Nr. 78.
Emil Nolde, Kestner-Gesellschaft, Hannover 1948, Kat.Nr. 1.
Seit 2005 als Leihgabe in der Berlinischen Galerie, in folgenden Ausstellungen:
Brücke - Die Geburt des Deutschen Expressionismus. 200 Meisterwerke aus internationalen Sammlungen, 1.10.2005-15.1.2006.
Flic Flac - Kunst aus Berlin. 100 Jahre Kunst im Überschlag, 24.2.2006-12.3.2007.
Grafik im Licht, 20.7.2007-7.1.2008.
Berlin im Umbruch, Bildende Kunst, Fotografie, Architektur, ab 25.1.2008.
In vier Gemäldeverzeichnissen des Künstlers registriert: Im Verzeichnis 1910 a unter der Nummer 195, 1910 b unter Nummer 196, 1910 c unter Nummer 217 und 1930 unter "1909 Landschaft"
In farbfrischer Erhaltung. Keilrahmen teils geringfügig durchdrückend. Partiell mit schwachem, vertikal verlaufendem Craquelé. Vereinzelte winzige Farbausbrüche im oberen Bildteil sowie in den Kanten, teils retuschiert, den Gesamteindruck jedoch nicht beeinträchtigend.




233
Emil Nolde
Landschaft, 1909.
Öl auf Rupfen
Schätzung:
€ 800.000
Ergebnis:
€ 900.000

(inkl. Käuferaufgeld)