Stehender Akt
Bleistiftzeichnung , teils gewischt, auf glattem, chamoisfarbenen Papier, um 1912
Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der hs. Registriernummer "B Dre/Bg 130". 34,2 x 23,2 cm ( 13,4 x 9,1 in), blattgroß.

Bis jetzt ist das äußerst umfangreiche zeichnerische Werk von Ernst Ludwig Kirchner, das zu den komplexesten der deutschen klassischen Moderne zählt, nur annähernd kunstwissenschaftlich erfasst und eine, den gesamten Korpus umfassende Würdigung steht noch aus. Die Aktfigur nimmt darin eine ungleich größeren Stellenwert ein, als alle anderen Sujets, denn Kirchner, der geradezu ein bessenener Zeichner war, konnte vor allem dem Akt seine besten Arbeiten abgewinnen. Der prägnant in Szene gesetzte weibliche Akt, hier stehend und in etwas herrischer Pose, ist sozusagen der harte ikonografische Kern im zeichnerischen Œuvre des Künstlers. Das Zeichnen mit dem groben Zimmermannsblei, der dicke Strich, der dabei entsteht, das alles spricht für Kirchners Suche nach Neuland im Ausdruck. Das Spontane sollte nicht das Endgültige sein, es aber beeinflussen. So haben Kirchners Zeichnungen einen hohen Grad von Authentizität in der Erfassung eines Zustandes und sind deshalb weniger als bei anderen Künstlern seiner Generation als Vorarbeiten einer endgültigen Fassung zu sehen. [KD]