Lexikon
Neue Wilde

Unter dem Begriff der "Neuen Wilden" oder auch "Jungen Wilden" wird im Allgemeinen die deutsche neoexpressive Kunst der 1980er Jahre zusammengefasst, die sich in Berlin, Hamburg und Köln zentrierte. Gelegentlich findet der Terminus auch in Bezug auf den internationalen Neoexpressionismus Verwendung.
Die deutschen "Neuen Wilden" konnten an den "Ersten Neoexpressionismus" der 1960er Jahre anknüpfen, als Georg Baselitz, A. R. Penck, Markus Lüpertz, Bernd Koberling, Karl Horst Hödicke und andere einen expressiven Weg zurück zur Figur gesucht hatten. Auf dieser Grundlage konnte der Neoexpressionismus in Deutschland aufbauen, der 1980 im Zuge einer ebenso benannten Ausstellung in Aachen mit den "Neuen Wilden" gleichgesetzt wurde. Der Begriff ist problematisch, zumal er sich nicht auf eine "wilde Kunst", sondern vielmehr auf "wilde Künstler" bezieht - eine Alternativbezeichnung der Strömung, "Heftige Malerei", sucht dagegen den direkten Kontakt zum Werk.
Da aber Subjektivität zu einem grundlegenden Kennzeichen der "Neuen Wilden" wurde, charakterisiert das "Wilde" im Gegenzug auch ihre Malerei, denn in persona wurden die "Neuen Wilden" dieser Bezeichnung durchaus gerecht: In Hamburg feierte man gerne mit reichlich Alkohol, die Berliner "Wilde Szene" war berüchtigt für sexuelle Exzesse.
Die beteiligten "Wilden", meist in den 1950er Jahren geboren, wandten sich gegen die intellektuelle Kühle von Concept Art und Minimal Art und wollten eine neuartige figurative, emotionale und subjektive Kunst etablieren. Die neue Subjektivität zog einen stilistischen Pluralismus nach sich, geeint wurden die "Neuen Wilden" aber durch lustvolle Erzählfreude, private Chiffrensprache, kraftvolles Kolorit, einen spontan-gestischen Zugriff und freizügige Selbstbekenntnisse.
Zu den Hauptvertretern in den großen Zentren der "Neuen Wilden" rechnen Rainer Fetting, Helmut Middendorf, Salomé und Bernd Zimmer in Berlin, Hans Peter Adamski, Peter Bömmels, Walter Dahn, Jiri Georg Dokoupil, Gerard Kever und Gerhard Naschberger in Köln und Werner Büttner, Martin Kippenberger und Albert Oehlen in Hamburg.