Lexikon
Frührenaissance

Zwischen 1410-20 und 1500 zeichnete sich ein grundlegender Wandel in der künstlerischen Praxis ab: Die Künstler erschufen nicht länger sublimierende Bilder im Weichen Stil der Gotik, die von einer vornehmlich sakralen Symbolsprache geprägt waren. Vielmehr avancierten die Erforschung der Wirklichkeit nach naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und die illusionistische Wiedergabe der unmittelbaren Sinnenwelt zu den wichtigsten künstlerischen Aufgaben, die in allen Gattungen ihren Niederschlag fanden.
Zwar herrschten in der Malerei religiöse Sujets weiterhin vor. Doch äußerten sich die neuen Einsichten beispielsweise darin, dass Landschaftsdarstellung und Hintergründe nicht mehr in erster Linie symbolisch verstanden wurden, sondern das Ergebnis detaillierter Naturbeobachtung waren. Gegenstände und Körper erschienen im Spiel von Licht und Schatten nicht mehr zweidimensional, sondern waren zunehmend plastisch modelliert.
Für die Malerei wie für das Relief war die Entwicklung der Zentralperspektive ein Meilenstein, da die Künstler von nun an ein geometrisches Raumdarstellungssystem zur Hand hatten, um Bildräume perspektivisch korrekt konstruieren zu können.
Das Bemühen, den Menschen zum Maß aller Dinge zu erheben, fand in der Baukunst besonderen Niederschlag, nachdem um 1414 Vitruvs Schrift "De architectura libri decem" wiederentdeckt wurde, in welcher der antike Autor die Teile eines Bauwerks mit den Proportionen des menschlichen Körpers verglich. Zugleich entbrannte in Italien mit der Auffindung des Vitruv-Traktates eine unvergleichliche Suche nach den Überresten antiker Baudenkmäler und Skulpturen, um diese in natura zu studieren.
Zu den Hauptvertretern der Kunst der Frührenaissance in Italien zählen beispielsweise Sandro Botticelli, Donatello, Paolo Uccello und Benozzo Gozzoli.