Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 301

 

301
Emil Nolde
Junge Mädchen (Ada Nolde und Lis Vilstrup), 1907.
Lithografie
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)
Junge Mädchen (Ada Nolde und Lis Vilstrup). 1907.
Lithografie, aquarelliert.
Vgl. Schiefler/Mosel/Urban L 15 II (von II). Signiert und betitelt " 'Junge Mädchen' (übermalt)". Eines von sehr wenigen handkolorierten Exemplaren der in einer Auflage von 100 Exemplaren erschienenen Lithografie. Auf glattem Velin. 46 x 40 cm (18,1 x 15,7 in). Papier: 62 x 49 cm (24,4 x 19,2 in).
[SM].
Es wurden erst zwei handkolorierte Exemplare auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten, welche sich in der Farbigkeit deutlich unterscheiden (Quelle: www.artnet.de). Das vorliegende Exemplar zeichnet sich durch die in leuchtendem Magenta akzentuierte Halspartie des hinteren Mädchens und den blauen Fond in besonderer Weise aus.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Dort, wo zunächst vor allem Landschaftsaquarelle und Zeichnungen der Bergbauern entstehen, wird Nolde durch kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge bekannt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt.

1907 beginnt Emil Nolde erstmalig sich intensiv mit dem Medium der Lithografie zu beschäftigen. Nachdem die erste bekannte Lithografie ein Landschaftsmotiv zeigt, ist das beherrschende Sujet der Lithografien im Jahr 1907 das Porträt, das in der Folge durch ganzfigurige Personenszenen Ergänzung findet. Unsere in wunderbaren Farben kolorierte Lithografie zeigt Ada Nolde, die Ehefrau des Künstlers, sowie Lis Vilstrup, seine Schwägerin, die 1907 auf weiteren Lithografien zusammen mit ihrem Mann Bolling Vilstrup zu sehen ist (vgl. Schiefler/Mosel/Urban L 9 -15). Bemerkenswert ist unser Blatt einerseits in formaler, andererseits in kunstgeschichtlicher Hinsicht: Herausragend ist zunächst der souveräne Umgang mit der Farbe, welche die Dargestellten und die Raumsituation in besonderer Weise akzentuiert. Darüber hinaus gilt die kolorierte Lithografie als bedeutender Zwischenschritt auf dem Weg hin zur Farblithografie, die Nolde im Sommer 1913 zum ersten Mal erschafft. Doch schließlich sind es die Zärtlichkeit der Darstellung und die Innigkeit des erfassten Moments, die einmal mehr über die formalen und kunstgeschichtlichen Inhalte hinausweisen.

1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der "Berliner Sezession" ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die "Neue Sezession", an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt. Weniger vom Berliner Großstadtleben, das er in einigen expressiven Bildern festhält, als vom Primitivismus fasziniert, malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren und Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu ab 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde am 13. April 1956 stirbt.




301
Emil Nolde
Junge Mädchen (Ada Nolde und Lis Vilstrup), 1907.
Lithografie
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 36.600

(inkl. Käuferaufgeld)