Auktion: 479 / Klassiker des 20. Jahrhunderts I am 08.12.2018 in München Lot 855

 

855
Hermann Max Pechstein
Kiefer in den Dünen, Wohl 1911.
Aquarell über Bleistift
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Kiefer in den Dünen. Wohl 1911.
Aquarell über Bleistift.
Rechts unten signiert. Auf chamoisfarbenem Papier, auf Büttenkarton kaschiert. 48,9 x 59 cm (19,2 x 23,2 in), blattgroß.

Leuchtend-expressive Nidden-Landschaft. Das malerisch ausgeführte Aquarell gibt eindrucksvoll Zeugnis von Pechsteins anhaltender Liebe zu dem kleinen Küstenort Nidden, den Pechstein rückblickend als sein "Malerparadies" beschrieben hat (zit. nach: Soika, Max Pechstein, 2011, S. 31).

PROVENIENZ: Sammlung Carl Steinbart, Berlin (verso auf einem Etikett typografisch bezeichnet).
Graphisches Kabinett, Kunsthandel Wolfgang Werner, Berlin (auf der Rahmenrückwand mit dem ausgeschnittenen Etikett).
Südwestdeutsche Privatsammlung (vom Vorgenannten erworben).

"Eine Freude dieses Nidden, eingerahmt auf der Abendseite von der Ostsee, und auf der Morgenseite ist das Haff und schöne Kiefern, Dünen ziehen sich lang."
Hermann Max Pechstein in einem Brief an Friedrich Pietzsch, 1911.

Pechsteins zunehmende Stadtverdrossenheit, die sich in seinen Briefen aus den Jahren 1908/09 immer wieder äußert, führt den Künstler schließlich im Sommer 1909 erstmals in einen der wohl abgelegensten Winkel Ostpreußens, in das Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung. Hier fand er sein Ideal "einer noch nicht verfälschten Einheit von Mensch und Natur" und damit fortan sein persönliches "Malerparadies": "In Zukunft wurde dies Nidden mit seinen Wanderdünen, seinem Haff und dem schmalen Waldstreifen zur Ostsee hinüber mein Malerparadies." (zit. nach: Soika, Bd. I, S. 31). Und so verbrachte Pechstein schließlich nicht nur den Sommer des Jahres 1909, sondern bis 1939 gleich in mehreren Jahren die Sommermonate in Nidden. Nicht nur aufgrund seiner kompositorischen und motivischen Nähe zum Gemälde "Der Sturm" (Soika 1911/2), sondern auch aufgrund der Tatsache, dass Pechstein vor allem im Sommer 1911 mehrere Landschaftsgemälde mit menschenleeren Dünen- und Küstenszenen geschaffen hat, ist zu vermuten, dass auch das leuchtende Aquarell "Kiefer in den Dünen" in das Jahr 1911 zu datieren ist. Über das einsame Leben in der Natur hat Pechstein in seinen Erinnerungen Folgendes festgehalten: "Ich hatte viele beglückende Stunden der Arbeit, die mir einen Schauer über den Rücken herabrieseln ließen. Nach wie vor, sofern wir nicht draußen im Zelt verblieben waren, ging es auf bloßen Füßen über den Sand der Dünen durch das kühle, morgenfrische Gras des Waldes, entweder zum Haff oder zum Ostseestrand. Von Sonnenaufgang bis zum Untergang weilten wir draußen und kehrten erst in der Dunkelheit zurück." (zit. nach: Soika, Bd. I, S. 36). Darüber hinaus stammt die vorliegende, in expressivem Strich festgehaltene Landschaftsszenerie aus der bedeutenden Sammlung des Berliner Bankiers Carl Steinbart (1852-1923), der neben mehr als sechzig Gemälden des Impressionisten Max Slevogt nach 1918 auch eine beachtliche Sammlung expressionistischer Kunst zusammengetragen hat, zu der zahlreiche Arbeiten Max Pechsteins zählten. Ein brieflicher Kontakt zwischen Künstler und Sammler ist allerdings erst für die Jahre 1919 und 1920 belegt. Nach Soika wurden die Gemälde und Aquarelle Steinbarts nach dessen Tod an seine drei Töchter Dora (1891-1979), Irmgard (1893-1975) und Eva (1895-1974) vererbt (vgl. Soika Bd. I, S. 125). [JS]



855
Hermann Max Pechstein
Kiefer in den Dünen, Wohl 1911.
Aquarell über Bleistift
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inkl. Käuferaufgeld)