Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 19

 

19
Emil Nolde
Theaterszene, zwei Mädchen, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 51.240

(inkl. Käuferaufgeld)
Theaterszene, zwei Mädchen. 1910.
Aquarell.
Rechts unten signiert. Auf bräunlichem Papier. 30 x 23,5 cm (11,8 x 9,2 in), Blattgröße. [KP].

Mit einer Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther, Ada und Emil Nolde Stiftung Seebüll, vom 4. Dezember 2012.

PROVENIENZ: Sammlung Otto und Magdalena Blohm, Hamburg.

Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Dort, wo zunächst vor allem Landschaftsaquarelle und Zeichnungen der Bergbauern entstehen, wird Nolde durch kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge bekannt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt seit 1909 die Hinwendung zum Aquarell.

In dieser Technik führt Nolde im Winter 1910/11 auch eine Folge von Theaterszenen aus, zu denen das hier angebotene Blatt gehört. Die künstlerische Hinwendung zum Theater ist sicherlich der Biografie des Künstlers geschuldet, heiratete Nolde im Jahr 1902 doch die dänische Theaterstudentin Ada Vilstup, die zeitlebens Noldes Muse, emotionaler Anker und enge Gefährtin bleiben sollte. Nolde liebt die anregende Berliner Theaterszene, und so hält er Kabarettsängerinnen und gelegentlich auch Ausschnitte aus Bühnenaufführungen in seinen Zeichnungen und Aquarellen fest. Unsere Szene zeigt zwei weibliche Figuren in blauer und roter Kleidung, die sich, vor blassblauem Hintergrund einander zugewandt, die linke Hand reichen. Mit kräftigen gelben Farbakzenten schöpft Nolde die Palette der Grundfarben aus und schafft trotz der koloristischen Reduzierung eine leuchtende und in sich harmonische Komposition.

Bald nach den Theaterszenen malt Nolde Stillleben mit exotischen Figuren sowie Maskenbilder. Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt er reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde am 13. April 1956 stirbt.




19
Emil Nolde
Theaterszene, zwei Mädchen, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 51.240

(inkl. Käuferaufgeld)