Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 349

 

349
Lyonel Feininger
Coasting Vessels, 1943.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)
Coasting Vessels. 1943.
Aquarell und Tusche.
Links unten signiert, rechts unten datiert und am rechten unteren Blattrand betitelt. Auf Ingresbütten von Arches (mit Wasserzeichen). 31,5 x 48 cm (12,4 x 18,8 in), Blattgröße. [EH].

Mit einer Fotoexpertise von Achim Moeller, New York, vom 25. September 2013. Das Werk ist im Archiv des Lyonel Feininger Project LLC, New York, unter der Nummer 1224-09-25-13 registriert.

PROVENIENZ: Creighton E. Gilbert, North Carolina (verso auf der Rahmenabdeckung mit handschriftlichem Vermerk).

Lyonel Feininger wird am 17. Juli 1871 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Konzertgeigers geboren, seine Mutter ist Sängerin und Pianistin. 1887 folgt Feininger seinen Eltern nach Europa, wo er zunächst an der Gewerbeschule in Hamburg die Zeichen- und Malklasse besucht, dann von 1888 bis 1892 an der Königlichen Kunst-Akademie in Berlin studiert. Ein einjähriger Besuch der privaten Kunstschule des italienischen Bildhauers Filippo Colarossi in Paris folgt. 1893 kehrt Feininger nach Berlin zurück, wo er bis 1906 u.a. als Illustrator arbeitet. Die folgenden zwei Jahre hält sich Feininger in Paris auf und macht dort die Bekanntschaft mit dem "Café du Dôme"-Kreis der deutschen Matisse-Schüler, zudem lernt er Robert Delaunay kennen. 1909 wird Lyonel Feininger Mitglied der Berliner Sezession, an deren Ausstellung er ein Jahr später erstmals teilnimmt. Anlässlich seiner Ausstellung im "Salon des Indépendants" reist der Künstler 1911 nach Paris, wo er mit dem Kubismus in Berührung kommt. Durch die Bekanntschaft mit Alfred Kubin und den "Brücke"-Malern Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel 1912 eröffnen sich für sein Werk neue Dimensionen. Erste Architekturkompositionen mit der für Feininger typischen kubistischen Zersplitterung entstehen. Auf Einladung von Franz Marc nimmt Feininger 1913 am "Ersten Deutschen Herbstsalon" in der "Sturm"-Galerie von Herwarth Walden in Berlin teil, wo auch 1917 seine erste Einzelausstellung stattfindet. 1919 wird er von Walter Gropius ans Bauhaus in Weimar berufen, wo er bis 1926 Grafik und Malerei unterrichtet. Mit Wassily Kandinsky, Paul Klee und Alexej von Jawlensky gründet Feininger 1924 die Gruppe "Die Blauen Vier". Eine erste umfangreiche Retrospektive findet 1931 im Kronprinzen-Palais in Berlin statt, wohin er 1933 übersiedelt. 1937 emigriert Lyonel Feininger nach New York. Im selben Jahr werden in Deutschland über 400 seiner Arbeiten von den Nationalsozialisten beschlagnahmt.

In dem Motiv der Schiffe findet Lyonel Feininger die Hauptstränge seines bildnerischen Denkens: das Romantische und das Technisch-Konstruktive. Auch in seinem amerikanischen Spätwerk sind die nautischen Motive fest verankert. Doch vollzieht sich in dieser Phase noch einmal ein entscheidender Stilwandel: Das Kubisch-Räumliche ist dem Flächenhaften gewichen, das Malerische wird vom Grafischen abgelöst. So wird der Spätstil Feiningers entsprechend auch als "grafische Periode" bezeichnet. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht präzise die Merkmale der späten Schaffensphase. Die Klarheit der Formen und das Fehlen von Figurenstaffage sind ebenso kennzeichnend wie der sparsame Einsatz von Farben zur Unterstützung der linearen Komposition. Dabei beherrscht es Feininger meisterhaft, die geradlinig-strengen Formen mit Leichtigkeit und Bewegung zu füllen.

Der künstlerische Durchbruch in den USA gelingt Feininger erst 1944 durch eine Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art. 1945 leitet er einen Sommerkurs am Black Mountain College in North Carolina, wo er mit Gropius und Einstein zusammentrifft. Feiningers Unterricht, seine Schriften und seine späten Aquarelle werden in den Vereinigten Staaten richtungsweisend für die Entstehung der Malerei des Abstrakten Expressionismus.




349
Lyonel Feininger
Coasting Vessels, 1943.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)