Auktion: 407 / Post War/ Zeitgenössische Kunst am 08.06.2013 in München Lot 264

 

264
Markus Lüpertz
Merkur, 2006.
Bronze
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 35.380

(inkl. Käuferaufgeld)
Merkur. 2006.
Bronze mit dunkelbrauner Patina, farbig gefasst.
Rechts an der Seite monogrammiert und bezeichnet "EA" sowie mit dem Gießerstempel "Schmäke Düsseldorf". Eines von max. zwei Künstlerexemplaren außerhalb der Auflage von 6 Exemplaren. 96 x 46 x 27 cm (37,7 x 18,1 x 10,6 in).
Durch die unterschiedlichen Bemalungen erhält diese Bronze Unikatcharakter.

Die Authentizität der vorliegenden Arbeit wurde von Prof. Markus Lüpertz bestätigt, dem wir für die freundliche Unterstützung danken.

PROVENIENZ: Aus dem Atelier des Künstlers.

AUSSTELLUNG: "Markus Lüpertz. Cuerpo y Paisaje", Palacio de Congresos y Auditorio de Navarra Baluarte, Pamplona, 26.6.-3.9.2007 (mit Farbabb., anderes Exemplar).

LITERATUR: Markus Lüpertz. Sagenhaft, Malerentgegnungen in Zeichnungen, Skulpturen und Grafiken, hrsg. v. Dirk Geuer, Till Breckner, Düsseldorf 2011, S. 104/105 (anderes Exemplar).

Markus Lüpertz kommt im Alter von sieben Jahren mit seiner Familie nach Westdeutschland. Er studiert von 1956 bis 1963 an der Werkkunstschule Krefeld bei Laurens Goosens und an der Kunstakademie Düsseldorf. 1962 zieht Lüpertz nach West-Berlin, wo er zusammen mit Bernd Koberling und Karl Horst Hödicke die Selbsthilfegalerie "Großgörschen 35" gründet. Entgegen aller zeitgenössischen Tendenzen zur Abstraktion beginnt Lüpertz, Bilder mit einfachen gegenständlichen Inhalten zu malen. Seine betont expressiven Gemälde bezeichnet er 1966 in einem Manifest als "dithyrambische Malerei", nach einem altgriechischen Kultlied auf den Gott der Fruchtbarkeit Dionysos. In den Jahren 1969 bis 1977 entstehen die "deutschen Motive", stilllebenartige Bildkompositionen, die symbolbehaftete Gegenstände der Vergangenheit wie Stahlhelme, Schaufeln oder Fahnen in monströser Größe präsentieren und somit die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte fordern. 1970 erhält Lüpertz den Preis der Villa Romana und verbringt einen einjährigen Stipendienaufenthalt in Florenz. 1976 nimmt er eine Professur an der Akademie in Karlsruhe an. Ab 1977 greift Lüpertz in seinen "Stil-Bildern" abstrakte Tendenzen der fünfziger Jahre auf. Im selben Jahr zeigt die Hamburger Kunsthalle einen ersten Überblick seines Werkes, gefolgt von der Kunsthalle Bern und dem Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven. Die zunehmende Abstraktion wird Anfang der achtziger Jahre zugunsten einer neuen Gegenständlichkeit und Räumlichkeit unter Verwendung kunsthistorischer Zitate und Versatzstücke aufgegeben. Neben der Nutzung aller druckgrafischen Techniken arbeitet Lüpertz auch als Dichter und seit 1980 als Bühnenbildner und Bildhauer. 1982 nimmt er an der Documenta VII in Kassel teil. 1986 wird Markus Lüpertz an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, die er seit 1988 als Rektor leitet. 1990 erhält Lüpertz den Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde Esslingen. Seinem Werk sind bedeutende Einzelausstellungen gewidmet, so findet z.B. 1996 eine thematische Werkschau in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, statt und 1997 eine retrospektive Ausstellung in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München, die anschließend in Wuppertal und Barmen gezeigt wird. 1997/98 sind seine Werke auf der Ausstellung "Deutschlandbilder: Kunst aus einem geteilten Land" im Martin Gropius Bau in Berlin vertreten.

Markus Lüpertz greift in seinen Skulpturen gleichermaßen wie in seinen Gemälden thematisch und formal immer wieder auf die klassische Antike zurück. Die antiken Motive und Figuren sind für sein Publikum jedoch nie eindeutig zu erschließen, sondern lassen stets weiten Interpretationsspielraum. Lüpertz' Skulpturen sollen keine Antworten geben, sondern Fragen stellen, sollen in ihrer Unerklärlichkeit verschlossen und beunruhigend wirken. Die folgenden Verse aus seinem Gedicht "Ein Spaziergang" von 1986 sind für die plastischen Werke des Künstlers, wie auch den vorliegenden "Merkur", bezeichnend: "Es ist besser denke ich / die Skulptur verschließt sich, / verweigert sich. / Soll Kraft verraten, sie nicht zeigen - / soll tänzerische Möglichkeiten haben, ahnen lassen. / [..] In der Fantasie des Betrachters / soll sie alles und nichts können, / soll Supermann oder Minnesänger / oder gar nichts [..] / oder nur beunruhigen." (zitiert nach: Armin Zweite (Hg.), Markus Lüpertz. Gemälde - Skulpturen, Düsseldorf 1996, S. 108f.). Die Beinstellung unseres "Merkur" mag entfernt und verfremdet an den Kontrapost in der klassischen Kunst erinnern, die fehlenden Arme lassen an antike Plastiken denken, deren Gliedmaßen im Laufe der Jahrtausende abhandengekommen sind, doch allein der Titel weist auf den römischen Götterboten hin - bewusst verzichtet Lüpertz auf ikonografische Hinweise und eindeutige Attribute. Auf diese Weise umgibt der Künstler seinen "Merkur" mit einer geheimnisvollen und zeitlosen Aura, deren kraftvolle Wirkung er durch die expressive Bemalung und die grobe Oberflächengestaltung zusätzlich steigert.

Markus Lüpertz lebt und arbeitet in Berlin, Düsseldorf und Karlsruhe. [DB].




264
Markus Lüpertz
Merkur, 2006.
Bronze
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 35.380

(inkl. Käuferaufgeld)